Nur mal so eine kleine Denkanregung:
Der Mercedes 300 SL aus den Fünfzigern war ein reinrassiger Rennwagen mit Gitterrohrrahmen. Das bedingte extrem hohe und breite Türschweller, um eine sehr hohe Verwindungssteifigkeit bei geringem Gewicht zu erzielen.
Erst als der Wagen im Prinzip schon fertig war fiel auf: Da kommt man ja kaum rein! Denn damit hat man vom Schweller bis zum Dach nur noch eine sehr kleine Luke zum Einsteigen: Einfädeln zwischen hohem, breiten Schweller und den damals sehr großen Lenkrädern. Was ziemlich unbequem und entsprechend langsam ist!
Nun war der 300 SL zunächst ein reiner Rennwagen (erst später wurde ein Serienwagen nachgeschoben!). Es gab es damals aber bei Rennen u.a. auch den sogenannten Le Mans Start, bei dem die Fahrer außerhalb des Fahrzeugs an einer Startlinie warten, und auf Startschuss zum Wagen laufen, möglichst schnell einsteigen, den Motor starten und losfahren müssen, um von Anfang an vorn im Rennen zu liegen.
Dafür ist die Luke beim 300 SL aber zu klein!
Und DESHALB hat man sich die Flügeltüren als Notlösung ausgedacht, weil man damit die Einstiegsluke ins Dach erweitern konnte. Aus dem gleichen Grund ist beim 300 SL übrigens das Lenkrad abklappbar!
(Und aus dem gleichen Grund - Le Mans Start - hatte Porsche übrigens damals das Zündschloss auf die linken Seite verlegt: Links starten und dabei rechts schon mal den Gang einlegen und die Handbremse lösen!)
Beides, Flügeltüren und Zündschloss auf der linken Seite sind heute ohne Praxisbezug und nur Tradition und bieten heute keinerlei Vorteile mehr.
So weit, so gut.
LEIDER haben Flügeltüren, Scherentüren und auch die schrägen Lambotüren aber zwei klare
Nachteile:
1.) Nach einem Überschlag, wenn das Auto auf dem Dach liegt, kann das Aussteigen ggf. unmöglich sein. Das ist bei Flügeltüren immer so. Bei Lambo-Türen und Scherentüren geht es ggf. mit Glück, wenn es Coupétüren ohne Fensterrahmen sind und man es trotz ggf. verzogener Karosserie noch schafft, die Fensterscheiben zu versenken.
Leider kann man nach einem Überschlag nicht automatisch davon ausgehen, dass man bei Bewusstsein ist und sich selbst helfen kann. Und die Bergung eines bewusstlosen, schlaffen Körpers aus einem Auto ist so schon schwierig genug. Dies behindern diese Türen zusätzlich oder verhindert es gar komplett. Wenn´s dumm läuft kommt es da aber auf ein paar Minuten an, ob man überlebt oder nicht. Reicht ja schon, am Erbrochenen zu ersticken.
AMG ist sich des Problems übrigens voll bewusst und löst es beim aktuellen AMG SLS so, dass in den Gelenken im Dach kleine Sprengladungen angebracht sind, die die Scharniere beim Überschlag absprengen sollen, so dass man eine gewisse Chance hat, die Türen aus der Luke zu entfernen.
2.) Beim Seitenaufprall ist die Konstruktion der Tür relativ wichtig. Die Türen sind mit Trägern aus hochfesten Stählen verstärkt, die sich von vorne nach hinten ziehen. Die extrem hohen Zugkräfte beim Seitenaufprall werden auf die sehr massiven Scharniere vorne und das Drehfallenschloss hinten übertragen.
Man sollte sich die Konstruktion von nachträglichen LSD-Umbauten also recht misstrauisch angucken, ob diese geänderten Scharniere vorne eigentlich noch in der Lage sind, beim Seitenaufprall so hohe Zugkräfte aufzunehmen und auch standzuhalten, wenn die Tür nach innen gedrückt wird.
Kurz:
Ein Sicherheitsgewinn sind solche Türen auf gar keinen Fall!
- Im günstigsten Fall hat man lediglich keine gravierenden Sicherheitsnachteile.
- Wenn´s weniger gut läuft können Seitenaufprall oder Überschlag mit solchen Türen aber extrem gefährlich werden.
Grüße
ChrisH