Da nun im Forum vermehrt Diskussionen bezüglich Abgasgegendruck auftauchen und ich verhäuft per PN dazu gefragt werde, möchte ich dieses Thema etwas aus der physikalischen bzw. Ing.-Sicht beleuchten und auch erklären wie der Abgasgegendruck in der Industrie bei der Motorabstimmung gehandhabt wird.
Zunächst sollten wir in die Grundlagen des Viertakt-Motors eintauchen: Ich fange bewusst an dieser Stelle mit:
- Verdichten
- Verbrennen
- Ausschieben
- Ansaugen
Dazu ein Diagramm: Druck über das Volumen (p,V-Diagramm von
http://technikhomepage.de/):Nun kann die gesamte Schleife in zwei Bereiche aufgeteilt werden: Hoch- und Niederdruckschleife. Die verrichtete Arbeit ist dabei die Fläche der Hochdruckschleife, also das Integral von p*dV über Vut bis Vut. Die aufgewendete Arbeit analog dazu die Niederdruckschleife. Die Leistung des Motors ist also die Fläche der Hochdruckschleife minus die Fläche der Niederdruckschleife.
Je größer also die Fläche der Niederdruckschleife wird (bsp. dafür wäre: Anstieg des Drucks beim Ausschieben (Abgasgegendruck) oder Senkung des Drucks beim Ansaugen (Drosselverluste -> Der Grund für Verzicht auf die DK und Einführung der Valvetronic bei BMW -> Reduzierung der Drosselverluste)). Mit Anstieg des Abgasgegendrucks steigt also die negative Arbeit und reduziert somit die effektive Leistung des Motors.
Bei einem aufgeladenen Motor wird das Ganze noch dramatischer, sehen wir uns dazu die erste Turboladerhauptgleichung oder Leistung des Verdichters an (Quelle: Google Bilder):
Das erbringbare Druckverhältnis des Verdichters (also unmittelbar der Ladedruck) hängt in erster Linie von der Temperatur vor der Turbine T3 und dem Druckverhältnis p4/p3 ab. Je größer also das Verhältnis wird (im Falle eines hohen Abgasgegendrucks durch den Kat direkt nach dem Turbo, p4 steigt) umso geringer wird die Leistung der Turbine, damit fällt die Leistung des Verdichters -> Abfall des Ladedrucks -> Weiniger Motorleistung.
Ich missbrauche die per PN gestellte Frage von Performances und veröffentliche sie hier mit anschließender Erklärung:
Da ohne Kat der Gegendruck zu gering sein kann => wenn das AV noch etwas offen ist und der Turbo aber bereits neue Luft in den Brennraum bläst => drückt er , wenn nicht genügend Gegendruck vorhanden ist die frische Luft zum AV raus => weniger Frischgase im Brennraum.
Fazit, weniger Luft => weniger Benzin wird benötigt ... und die Leistung kommt nunmal vom Luft-/Kraftstoffgemisch.
Falls ich mir hier etwas völlig wirres ausgedacht habe, Bitte berichtigen ;).
Diesen Betriebspunkt gibt es tatsächlich bei vielen modernen aufgeladenen Otto-Motoren (beim Diesel wird dazu derzeit viel geforscht), nennt sich
Scavenging oder
Überspülen im Deutschen.
Hierbei sollte man sich die geometrischen und thermodynamischen Verhältnisse des Verbrennungsmotors im Ladungswechsel-OT anschauen:
Hat man eine Ventilüberschneidung und liegt folgendes Druckverhältnis vor: p2>p3 so wird der gesamte Brennraum durchgespült und es verbleibt absolut kein Restgas (verbranntes Luftgemisch) im Brennraum, bessere Füllung als Folge und Anstieg des Momentes, ausserdem wird das Turbinenrad schneller auf die Soll-Drehzahl gebracht, schnellerer LD-Aufbau. Auch in diesem Fall wäre ein Anstieg von p4 kontraproduktiv. Hierbei muss man jedoch anmerken, dass Scavenging-Bereich aufgrund des Strömungsverluste nur in einem sehrr eingeschränkten Kennfeldbereich gefahren werden kann.
Nun gibt es aber Jünger die lauthals schreien: "VW verbaut Abgasgegendruckklappe, für etwas muss sie ja gut sein..." Das hat jedoch gänzlich andere Gründe und wird aus Gründen der Emissionsgesetzgebung gemacht.
Bearbeitet von: XuMuK am 07.01.2015 um 21:52:39