Das ist eine Steilvorlage....erlaubt mir, das ich ein wenig aushole (war das Thema meiner Promotion)....
Zuerst einmal:
- Sparsam fahren heißt nicht schleichen, aber eben auch nicht rasen. Zügige Fahrweise und geringer Spritverbrauch schließen sich nicht aus
- Es gibt jede Menge "Standardtipps". Die sind schon Ok so, aber eben nicht alles
- Nicht jede Fahrweise, die man für sparsam hält, ist es auch.
- wie weit man das Gaspedal tritt, ist nur sehr eingeschränkt Maßstab für den Verbrauch
Auch hier im Thread sind viele Tipps, die zwar im Prinzip stimmen, aber auch nicht ganz korrekt sind.
Hier muss man zwischen Diesel und Benziner unterscheiden. Auch wenn für einen Laien die beiden Motoren sich im Wesentlichen im Brennstoff unterscheiden, sind vor allem aus thermodynamischer Sicht die beiden Motoren sehr unterschiedlich. Jeder Motor hat eine Leistungskurve. Seine maximale Leistung gibt der Motor nur bei einer Drehzahl ab, der so genannten Nenndrehzahl und dann auch nur bei Volllast. Volllast bedeutet, das ich die gesamte Leistung abforderte, die der Motor bei einer bestimmten Drehzahl abgeben kann. Wenn ich also einen Berg im 5. Gang mit Vollgas hochfahre und der Wagen nicht mehr beschleunigen kann, dann fahre ich Volllast. Im dritten brauch ich dafür nur Halbgas, als 50% Last. Ottomotoren haben unter Volllast ihren höchsten Wirkungsgrad, Dieselmotoren zwischen 60 und 80% Last.
Der Verbrauch eines Motors wird auch nicht in l/km gemessen, sondern in g Treibstoff pro erzeugter Kilowattstunde (spezifischer Verbrauch). In einem kg Diesel stecken 11,8 kWh Energie, in einem Liter Benzin rund 11,3kWh. Ein moderner Dieselmotor hat einen Spitzenwirkungsgrad von 41% und einen Durchschnittswirkungsgrad von 35%. Das bedeutet, das bei 35% aus einem kg Diesel rund 4,13 kWh Nutzenergie gewonnen werden können. Um z.B. mit 100 km/h konstant zu fahren, benötigen die meisten Autos rund 15-20kw Antriebsleistung. Benötigt z.B. ein 5er BMW 18kw und läuft der Motor bei einem Wirkungsgrad von 0,35, dann verbraucht der Motor 18 / 4,13 = 4,35kg Diesel pro Stunde. Da man in einer Stunde auch 100km weit fährt, sind es 4,35kg/100km oder 5,1l (0,85 kg/l) pro 100 km. Das gilt aber nur für absolut konstante Fahrweise!
Ein moderner Ottomotor hat einen Spitzenwirkungsgrad von 36% und einen Durchschnittswirkungsgrad von 25%. Bei ihm hängt der Wirkungsgrad ganz besonders von der Last ab!. Im Leerlauf erreicht kaum ein Ottomotor die 10%, bei Teillast im 3. Gang sind es 25%, bei hoher Last im 6. Gang sind es 35%.
11,3 kWh je kg bei 20% = 2,26 kWh
11,3 kWh je kg bei 32% = 3,95 kWh
Bei konstant 100 km/h (Benzin: 0,82 kg/l):
hohe Drehzahl im dritten Gang --> 20% --> 18 / 2,26 = 7,96kg/h = 9,7l/h = 9,7l/100km
niedrige Drehzahl im 6. Gang --> 32% --> 18 / 3,61 = 4,98kg/h = 6,07l/h = 6,07 l/100km
Das bedeutet:
Wer im dritten Gang gemütlich mit 50 durch die Stadt rollt und der Meinung ist, er würde dadurch Sprit sparen, ist auf dem Holzweg. Der Typ neben ihm, der mit dem gleichen Fahrzeug ihn mit 60 überholt, aber den 6. Gang drin hat, ist schneller und verbraucht dabei rund 30% weniger. Wer langsam fährt, fährt damit nicht automatisch spritsparend. Der Typ im 6. Gang muss auch erheblich mehr Gas geben - dennoch verbraucht der Motor weniger. Wie viel durch die Drosselklappe durchgeht, hängt zum einen von DK-Stellung und zum anderen von der Strömungsgeschwindigkeit ab. Der Motor mit hoher Drehzahl bei nur wenig geöffneter Drosselklappe zieht einfach mit "Gewalt" mehr durch. Der letztendliche Volumenstrom bei 3000 Umdrehungen bei halb geschlossener DK (Halbgas) und bei 1500 Umdrehungen und voll geöffneter DK (Vollgas) ist identisch, weil in ersterem Fall die Strömungsgeschwindigkeit doppelt so hoch ist.
Mit möglichst hohem Gang fahren und auch den Drehzahlkeller ausnutzen. Solange der Motor noch Gas annimmt und nicht ruckt, ist alles in Ordnung. Einen Sechszylinder z.B. kann man in den ersten drei Gängen ab 700 Umdrehungen gut bewegen. Klar, den Hering zieht er dann nicht vom Teller und man muss ordentlich Gas geben - er braucht dann aber weniger als wenn man mit mittleren Drehzahlen fährt. Das gilt auch für Automatikfahrzeuge. Man kann einiges Einsparen, wenn man Fahrzeuge mit Steptronik eben auch mit dieser fährt. Dies hängt damit zusammen, das die Automatik sehr gerne durch zurückschalten in die Drehzahl "flieht" anstatt den Gang einfach zu halten.
Zweitens:
Ein Todfeind des Verbrauchs ist das Anfahren, gefolgt vom Beschleunigen. Jeder Lastwagefahrer weiß, dass man auf eine rote Ampel so zurollt, so dass man möglichst nicht zum Stehen kommt. Den Effekt kennt jeder, der schon einmal ein Auto geschoben hat: Das so genannte "Losbrechen" kostet die meist Energie. Rollt die Karre mal, dann ist auch das schneller werden nicht so das Problem.
Aber, da wird in der Stadt mit Gas bis auf 50m an die Ampel herangefahren, auf Stillstand abgebremst und dann aus diesem wieder beschleunigt, anstatt schon 250m vorher vom Gas zu gehen, die letzten 250m rollen und die Chance erhöhen, das die Ampel wieder auf Grün springt, bis man dort ist. Wer bis 50m an die Ampel heranfährt, fährt die letzten 250-50m mit normalem Verbrauch, tritt dann auf die Kupplung und es bleibt der Leerlaufverbrauch. Der andere geht bei 250m in den Schubbetrieb und verbraucht 0,0. Er muss aufgrund geringere Geschwindigkeit erst 30m vor der Ampel auskuppeln und bremsen. Und wenn 30m vor der Ampel diese auf grün springt, steht der andere bereits vier Sekunden davor, muss erst wieder aus dem Stand auf 50km/h beschleunigen, während der intelligentere einfach wieder einkuppelt, Gas gibt und nur um 20km/h beschleunigen muss.
Ach ja, den Leerlaufverbrauch sollte man nicht unterschätzen. Es gilt die Regel, das ein Benziner pro Stunde etwa 0,8l je Liter Hubraum, ein Diesel etwa 0,3 Liter je Liter Hubraum verbraucht. Der Unterschied kommt durch den erbärmlichen Wirkungsgrad des Benziners im Leerlauf. Nehmen wir nun einen Benziner mit zwei Litern Hubraum, Leerlaufverbrauch 1,6l je Stunde. Im Stadtverkehr verbraucht der Wagen etwa 10l pro 100 km. Die Durchschnittsgeschwindigkeit im Stadtverkehr beträgt rund 30km/h. Für die 100km benötigt er also rund drei Stunden, macht 10/3 = 3,33l pro Stunde im Standverkehr. Merkt ihr was? Der Leerlaufverbrauch ist fast genau die Hälfte davon! Wer also mit getretener Kupplung durch die Stadt rollt, reduziert den Verbrauch auf die Hälfte, Schubbetrieb aber auf null! Wer mit laufendem Motor vor der Ampel steht könnte mit dem was der Motor in einer Minute verbraucht im Stadtverkehr auch einem km weit fahren. DAS ist der Grund und Sinn der Start/Stop-Automatik! Beim Diesel ist dies nicht ganz so dramatisch, weshalb der Diesel vor allem im Stadtverkehr erheblich weniger verbraucht.
Drittens: Beschleunigen und hohe Geschwindigkeit
Einfacher Versuch erst am Wochenende wieder zur Demonstration gemacht. Wir haben mit Freunden einen gemütlichen Ausflug gemacht, rund 50 km weit. Der BC wurde zurückgestellt und zeigte kurz vor Ende der Fahrt 6,3l je 100 km an. Nun wollten die Gäste mal wissen, wie es sich mit 250 km/h anfühlt. Also, kurz hoch beschleunigt und vielleicht ein bis zwei km am Limit gefahren. Der Verbrauch ging insgesamt auf 9,6 l hoch. Verwunderte Gesichter - Wie das?
Mein Motor braucht im Schnitt 220g je kw/h, sind rund 260ml. Bei 6,3l hab ich also im Schnitt 6300ml / 260ml/kw = 24kw verwendet. Wir sind ca. 45km gefahren - auf dieser Strecke habe ich also tatsächlich 2,83l Verbraucht.
Nun wird die Karre hoch beschleunigt. Der Motor wird nun für insgesamt zwei Minuten bzw. 5km bis zu 230kw abgeben - permanent über 200kw. Er würde dann also 260ml/h * 230kw = 59,8l pro Stunde verbrauchen - das ist ein Liter pro Minute!. Wir machten dies für zwei Minuten, also rund zwei Liter mehr. Der Verbrauch für die ersten 45km betrug 2,83, der für die letzten fünf 2,0l, sind 4,83l auf 50km oder 9,66l auf 100km!
Leute, nein es sind nicht die 98km, die ihr versucht sparsam zu fahren, sondern es sind die 2km, bei denen euch der Hafer sticht, mit denen ihr jede Verbrauchsbemühung wieder zunichte macht. Mal schnell nen GTI die Rücklichter zeigen, den Brummi mit ordentlich Schmackes überholen obwohl es nicht notwendig ist, sich an dem Durchzug der eigenen Karre ergötzen - das geht in den Geldbeutel und das nicht zu knapp! Da könnt ihr all die Tipps wie "Dachgepäckträger runter" (wer fährt den schon immer mit einem solchen rum), "Kofferraum entrümpeln" oder ohne Licht und Klima fahren komplett vergessen. Diese "Standardtipps" machen in der Summe einen halben Liter aus, aber bei den meisten eben nicht den Hauptteil. Es macht keinen Sinn mit 100 km/h über die Autobahn zu schleichen - mit konstant 120-130 km/h braucht man zwar etwas mehr, aber sooo viel ist das auch wieder nicht. Nein Leute, es sind die paar mal zügiges Überholen mit Beschleunigen auf 180km/h, die alleine für zwei Liter Mehrverbrauch sorgen. Je leistungsstärker ein Auto ist, desto leichtfüßiger macht es das Fahrzeug und desto mehr Spaß macht es und desto häufiger macht man es.
So kommt es, dass Leute mit einem 320d sich beschweren, das die Karre 8 Liter schluckt obwohl man "sparsam" fährt während der Andere die 5 vor dem Komma hat, aber nicht wirklich langsamer ist. Gleich wird vermutet, es wäre etwas am Auto kaputt. Es ist wie mit Übergewichtigen, die sagen, man kann nichts machen, man isst ja normal. Nein, es ist die tägliche Tafel Schokolade oder die fünf Instant-Cappuchino, die man nicht mitzählt, weil kann ja nicht soviel ausmachen.
Das gilt z.B. auch in der Formel 1 oder im Rennsport allgemein. Die Kunst ist es eben nicht nur schnell zu fahren, sondern auch schonend zu fahren. Was nützt einem Basti Vettel eine Rundenzeit, die eine Sekunde besser ist als die des Konkurrenten, wenn er aufgrund des Fahrstils eine Runde früher an die Box muss oder er einen zusätzlichen Boxenstop einlegen muss. Je sparsamer ein Vette fährt, desto weniger Sprit muss er mitnehmen desto leichter ist sein Fahrzeug desto höher sind seine Kurvengeschwindigkeiten und später seine Bremspunkte. Die meisten Pantoffelrennfahrer würden eine gute Zeit hinlegen und dennoch jedes Rennen verlieren. Das kann man auch schön an der xBox sehen. Mein Junior fährt F1 auf dieser und ergötzt sich dran, das er jedes Rennen gewinnt. Ich hab mir dann mal Zeit genommen und gesagt, ich schaue zu, dur fährst jetzt einmal ein volles Rennen, volle Distanz und Zeit ohne ein einziges mal auf Pause zu gehen. In Runde 31 flog er aus der Kurve, weil er die Konzentration nicht mehr hatte, weil er weder seine eigene Leistung noch die des Fahrzeuges einteilen konnte.
Nicht der Bleifuß ist die Kunst, es ist keine Kunst mit einem 230Ps E46 einem 200PS GTI die Rücklichter zu zeigen - das macht nicht der Fahrer, sondern das Fahrzeug. Darauf braucht sich niemand etwas einzubilden. Einen 330i aber mit 7,5 - 8,5l auf 100km normale zu fahren ohne zu schleichen - da zeigen sich die wahren Könner!
Sparsame Fahrweise ist nichts, was man von heute auf morgen lernt. Es ist Training und nicht mit ein paar warmen Tipps abgetan. Es gibt nicht die Pauschalformel, wenn ich das und das mache, brauche ich 30% weniger. Die Leute machen es, und verlernen es wieder, weil sie zu steif sind wirkliche Änderungen anzunehmen und weil eben sehr viele Binsenweißheiten und Stammtischwissen unterwegs ist. Das Erlernen lebt von Experimentieren, Ergebnisse prüfen und korrigieren. Jeder Motor reagiert anders, jedes Fahrzeug ist anders. Das was ich hier geschrieben habe, sind Grundratschläge:
1. Möglichst hoher Gang und damit auch beschleunigen. 4 Zylindermotoren können bedenkenlos gefahren werden bis runter auf 1000 Umdrehungen (Benziner, Diesel 1200 Umdrehungen), 6 Töpfe sind gut für 800 Umdrehungen.
2. Schaltpunkte kennen. Beim sparsamen Fahren wird hoch geschaltet, sobald im nächst höheren Gang oben genannte Drehzahl für Gasannahme überschritten würde.
3. Ab 130 km/h steigt der Verbrauch erheblich schneller als der Zugewinn an Geschwindigkeit.
4. Zügig beschleunigen meint keinen Kavalierstart. Bei starker Beschleunigung wird eine Volllastanreicherung aktiv, die jede Spritsparbemühung zunichte macht.
5. Eingekuppelt rollen lasse wo es nur geht.
6. Beim Überholen nicht mehr Geschwindigkeit aufbauen als notwendig ist. Vorher überlegen, ob der Überholvorgang überhaupt Sinn macht. Wenn vor mir ein LKW ist, ich aber in 500m sowieso abbiegen möchte, kann ich mir das Überholen schenken.
7. Keine Fahrten unter 5km nach Motorkaltstart.
8. Motor auch mal abstellen. Der Mehrverbrauch moderner Motoren beim Motorwarmstart entspricht rund 5 Sekunden Leerlaufbetrieb.
Und ja, auch ein zwei Tonnen Schiff mit über 300 Diesel-PS läst sich bequem mit unter 7 Litern fahren ohne das man langsam ist. Sparsame Fahrweise ist nichts für mal zwischendurch. Es ist eine Grundeinstellung. Wenn ich es einmal eilig habe, dann bleib auch ich nicht unter zehn Litern - die Physik verbietet einfach einen niedrigeren Verbrauch. Das Problem sitzt in der Regel hinter dem Lenkrad und nicht im Motorraum. Von nichts kommt nichts, Leistung wird mit Verbrauch erkauft. Die Kunst ist es, mit möglichst wenig Leistungseinsatz das Maximum an Performance herauszuholen.
Man spart nicht nur an der Zapfsäule. Eine angepasste Fahrweise spart Reifen, Bremsbeläge, verlängert Ölwechselintervalle und sorgt für ein langes und in der Regel sorgenfreies Motorleben. In 25 Jahren ist mir bei meinen Privatautos noch nie etwas teueres Kaputt gegangen, ich hab nie eine Kupplung getauscht, nie Injektoren, Turbolader oder Getriebe tauschen müssen.
Beim Spritsparen ist die Technik nur ein Teil - der kleinere! Das man dies oftmals nicht versteht, zeigen die bisherigen Antworten hier im Thread, die fast ausschließlich auf die Technik eingehen, nicht aber auf das Fahrverhalten.
Ach ja, und noch was: Der feinfühlige Gasfuß schlägt jeden Tempomat. Der Tempomat hält stur die Geschwindigkeit konstant, was aber eben nicht immer sinnvoll ist.