Zitat:
ChrisH, du machst einem ja richtig angst...
Da ich (E61, BJ 09) nun schon 8-fach 17' RFT Räder besitze hier eine ganz pragmatische Frage: kann ich eigentlich (beim nächsten Reifenwechsel) "normale" nicht RFT Reifen auf diese Felgen aufziehen und wäre dies zweckmäßig?
Ich muss jedoch auch sagen, dass ich als "normaler" (viel) Fahrer oft mit Tempo 200 auf der Autobahn unterwegs bin. Bisher hatte ich mit RFT Bereifung auf der Autobahn immer das Gefühl, dass sich das Auto sehr spurstabil verhält. Gestern bin ich auf schneeglatter Lanstraße jedoch bei Tempo 60 bei einem eigentlich harmlosen Ausweichmanöver rechts in eine Schneeverwehung gedrückt worden, nichts passiert, hat mich aber doch ins Grübeln gebracht.
Über was reden wir hier eigentlich? Muss ich nun angst haben, dass mich eine kräftige Windboe bei nasser Fahrbahn von der Autobsahn drängt oder dass das Auto schlagartig ins schleudern gerät? Oder betrifft dies nur Leute die im Kurvenbereich immer das Limit ausloten müssen.
Besten Dank im Voraus für deine Antworten,
Pedder
(Zitat von: Pedder_1)
Also zunächst mal: Kein Grund zur Panik!
Nein, wir reden nicht von Windböen, sondern was bei niedrigen Gripverhältnissen in der Kurve passiert, wenn Du die Grenze der Reifenhaftung erreichst und die Haftung an der Hinterachse zuerst abreisst. Klar, dazu musst Du erstmal so schnell fahren, DASS die Haftung überhaupt irgendwo abreisst.
Im Detail:
Wir reden jetzt von
niedrigen Gripverhältnissen, als Nässe und Schnee. Um trockenen Asphalt geht es hier nicht!
Bei Nässe lass mit RFT-Reifen besser die Finger vom DSC-Knopf, wenn Du richtig schnell unterwegs bist.
Wenn Dir ohne DSC in einer schnell gefahrenen Kurve das Heck anfängt wegzurutschen, dann bist Du mit normalen Reifen halt im Drift (o.k. Gegenlenken sollte man dann besser beherrschen!), mit RFT-Reifen wird aus dem Drift ganz schnell ein Dreher. Der Unterschied ist, dass mit normalen Reifen das Heck recht sanft wegrutscht und Dir viel Zeit zum reagieren gibt. Mit RFT-Reifen geht es zu schnell.
Gut, Du hast es also auch im Gasfuss zu entscheiden, wie nahe Du an den Grenzbereich gehst (es sei denn, Du hast dich verschätzt, was leider auch mal vorkommen kann!)
Mit eingeschaltetem DSC sieht das Ganz schon erheblich besser aus (sagt ja auch der verlinkte sport-auto-Reifentest).
Einschränkend sollte man aber sagen: Ein Auto, dass im Grenzbereich das DSC/ESP
braucht, um noch stabil zu bleiben, das hat dann auch deutlich weniger Reserven, die Situation noch zu retten!
Das ESP längst nicht alles rettet, dass kannst Du in jedem Sicherheitstraining mit Schleuderplatte selbst austesten. Da stehst Du auch mit ESP ganz schnell verkehrt herum, wenn Du nicht gegenlenkst! (Ein Sicherheitstraining kann ich eh nur jedem empfehlen, am besten eines mit Schleuderplatte!)
Nochmals schwieriger wird das Ganze bei Schnee, denn da braucht man keinerlei sportliche Ambitionen, um im Grenzbereich zu landen! Da bist Du früher, als Dir lieb ist!
Und die Möglichkeiten des ESP sind hier auch recht eingeschränkt, da nicht viel Bremskraft übertragen werden kann (mit dem das ESP ein Unter- oder Übersteuern zu korrigieren sucht).
Insbesondere im Winter sind normale Reifen daher ein Sicherheitsgewinn, denn der Grip ist eh mies und bei den harten RFT-Reifen ist er noch schlechter.
Ja, Du kannst auf die Räder des BMW auch normale Reifen aufziehen.
Damit bekommst Du bei Nässe/Schnee mehr Haftung und ein weicheren Haftungsabriss (also mehr Zeit zum Reagieren).
Für Sommerreifen kann ich als echten Gegenpol zu den harten RFT-Reifen mal den Pirelli P Zero (ohne Namenszusatz) empfehlen. Der hat sehr weiche Flanken, wirkt daher im ersten Moment ungewohnt und etwas schwammig, schmiert im Grenzbereich aber ganz langsam und weich weg und ist damit sehr gut beherrschbar. Der fährt sich auch bei Nässe im Grenzbereich relativ einfach. (Relativ gesehen für Nässe - fahren können muss man da schon!)
Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung, dass sich viele mit neueren BMWs (mit RFT-Reifen) gar nicht mehr vorstellen können, wie gut ein BMW bei Nässe funktionieren kann. (Bei mir kommt allerdings noch eine hochwertige Sperre dazu).
Was Du auch mit normalen Reifen nicht los wirst ist das Untersteuern, das BMW in den E61 eingebaut hat. (Das ist ja nicht Folge der RFT-Reifen, sondern war als Abmilderung der schlechten Fahreigenschaften gedacht).
Man kann das Untersteuern natürlich auch als Vorteil sehen, denn bei einem untersteuernden Auto kann man nicht mehr viel falsch machen: Einen kurzen Bremsimpuls, wenn der nichts mehr nützt: Warten auf den Einschlag ;)
Beim neutral abgestimmten Auto kannst Du auf Schnee mit einem kurzen Gasstoß immer noch das Heck herumholen und die Kurve doch noch kriegen, solltest dann aber den Gegenlenkreflex beherrschen. (Wie man das übt steht in meiner Fotostory im Anhang).
Es erfordert halt mehr Fahrkönnen, man kann dann aber so manches noch retten.
(Wobei ich gleich dazu sage: Wenn man bei Schnee ZU schnell ist, dann untersteuert wohl jedes Auto).
Walter Röhrl sagte mal so schön:
Übersteuern ist, wenn der Beifahrer Angst hat.
Untersteuern ist, wenn ich Angst habe.
Unabhängig davon ist Untersteuern halt ein übler Spaßkiller.
So, ich hoffe, ich habe das verständlich erklärt.
Was war denn bei Dir passiert, ist der Wagen untersteuernd in die Schneewand gerutscht? Oder mit dem Heck ausgekeilt?
Grüße
ChrisH