Eingangs: ich finds gut, dass sich hier die Gegenseite zu Wort meldet - und unterstelle, dass Du (ich bleib einfach beim hier im Forum gebräuchlichen "Du" - und hoffe, das ist ok...) wirklich die Gegenseite bist. Und nicht einfach jemand, der sich dafür ausgibt.
Zitat:
An die Grenzen stößt dies aber, wenn der Vorgang nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal, sondern viermal in den letzten Jahren stattgefunden hat. Unsere Verkäufer leben nämlich vom Verkaufen und nicht nur von der Beratung.
(Zitat von: fachfrau)
Wurde dies denn den Kunden auch so vermittelt?
Mir ist bekannt, dass im Grunde fast jeder nur das hört, was er hören will. Fängt an bei der Eltern-Kind-Beziehung, geht über die "normale" Partnerschaft zur Geschäftsbeziehung und hört beim Bäcker um die Ecke auf.
Abgesehen davon find ich jetzt viermal in "den letzten Jahren" (btw: über wie viele Jahre sprechen wir?) bei nem Auto mit nem Anschaffungswert von wohl so um die 40.000 Euro (Anmerkung: manche wären froh, wenn der Betrag am Ende des Jahres auf der Gehaltsabrechnung unter "Jahresbruttolohn" zu finden wäre - und die 40.000 Euro waren auch mal 80.000 Mark) nicht allzu dramatisch.
Kleine Anekdote: ich hab vor kurzem ne ähnliche Odyssee mitgemacht. Zum Sachverhalt:
Der Leasingvertrag für den Mercedes C-Kombi einer Kundin lief im März 2012 aus. Bereits im Herbst 2011 wurde die Kundin vom Stamm-Mercedes-Autohaus (Kontakt seit 1987, bis dato mind. sechs Autos dort gekauft) kontaktiert und es wurde angefragt, wie es denn mit nem Nachfolge-Geschäft aussah. Im Zeitraum Herbst bis Mai 2012 traf man sich des öfteren, es wurden unter anderem diverse GLKs ausgerechnet, natürlich auch weitere C-Kombis, ein GLK wurde probegefahren (und danach geknickt, weil er zum Hosen-Versauen neigt), viel Papier wurde bedruckt, es wurde über "Finanzierung oder Leasing", Zinsen, Jahreslaufleistungen diskutiert, die Ausstattungen wurden "durch die Gegend geworfen", Unmengen Kaffee wurden getrunken, ...
Parallel guckte sich die Kundin bei anderen Automarken, u.a. auch bei Audi um und liebäugelte mit dem A5 Sportback. Hier wurden insgesamt vier Autohäuser damit betraut, ähnliche Kalkulationen durchzuführen, einer wurde probegefahren - und Zweifel kamen auf, weil die Heckklappe so weit aufgeht, dass die Kundin (= keine Riesin) sie nicht gut zubekommt - also entweder hüpfen muss oder auch mit den Hosenbeinen die Heckschürze abwischt. Alle vier Autohäuser wurden gefragt, ob es möglich ist, verkürzte Dämpfer einbauen zu lassen. Drei davon stellten ne Anfrage an Audi, einer sagte von vornherein: "geht nicht."
Im Endeffekt wurde tatsächlich der Audi bestellt - und der Mercedes-Vertreter ging leider leer aus. Mir tats irgendwo schon leid - auch weil er auch ne Menge Arbeit in die Sache reingesteckt hat. Und die Begeisterung auf Händler-Seite hielt sich auch in engen Grenzen. Allerdings versteht man sich immer noch gut. Was auch zu empfehlen ist; die Kundin fährt noch einen Mercedes, ihr Mann vier (darunter ein SLS AMG).
A propos SLS AMG - mit dem gabs auch eine derartige Odyssee. Nur dauerte sie seit ca. 1993.
Der Eigentümer hegte seit dieser Zeit den Wunsch nach einem Sportwagen. Zunächst ging es in die Richtung Ferrari - also 348 oder 456, allerdings wurde dann ein 140er S 500 Coupe gekauft. In den folgenden Jahren wurden dann immer wieder Fahrzeuge ausgerechnet und probegefahren (u.a. einige 911er, auch ein Z8, Aston Martins, weitere Ferraris). Immer wieder kam man zu dem Entschluss, dass eigentlich das S-Coupe perfekt ist für derartige "Scherze" - und eh nur zur Deko in der Garage steht. Ich geh davon aus, der hat heut noch keine 50.000 km auf der Uhr. Richtig konkret wurde es dann erst wieder mit dem California - hier organisierte Ferrari-Händler Nr. 1 ne Fahrt zu den Ferrari Racing Days am Nürburgring inkl. zwei VIP-Tickets, von Ferrari-Händler Nr. 2 kam die die Probefahrt. Zur SLS-"Anprobe" wurden die Kunden (wir waren zu viert) von Franken nach Stuttgart zu AMG und ins Mercedes-Museum gekarrt - und anschließend gabs noch was zu essen.
Was ich damit sagen will: mag sein, dass es schnell-entschlossene Kunden gibt. Und mag sein, dass diese drei Beispiele, die hier im Thread geschildert wurden (also meine zwei und das des TE) für den Autohändler absolute Horrorvisionen sind - weil man viel reinsteckt und wenig rauskam. Nur ist eben ein Auto (Neufahrzeug) auch was, was man nicht mal "einfach so" kauft, sondern was gut überlegt sein soll - eben weil es ne verhältnismäßig teure Anschaffung ist. Im Kleinen (=> Golf) wie im Großen (=> Sportwagen).
Interessehalber - vielleicht liest Du ja mit, ChrisH: Du hast ja auch schon des öfteren verlauten lassen, dass Du auch schon einige Male über ein neues Auto nachgedacht hast - aber Dich von Deinem Compact nicht trennen kannst: wie gehts Dir im Verhältnis zu "Deinen" Autohäusern?
Zitat:
Abschließend: ich wünsche mir Interessenten, die vor einem Beratungsgespräch [...] wissen, was sie wollen.
(Zitat von: fachfrau)
Aber ist es nicht genau die Aufgabe eines Verkäufers, herauszufinden, welches Modell dem Kunden am besten liegt und was er braucht? Grad bei der Vielfalt der großen deutschen Hersteller, die ja alle die Nische in der Nische der Nische suchen?
Angenommen, ich würde ne große BMW-Limousine wollen. Ich wüsste nun nicht, ob ich nun 5er, 6er Gran Coupe oder 7er nehmen sollte.
Klar: allen Autohändlern isses sicher am liebsten, wenn der Kunde mit bereits ausgedruckter Konfiguration von der Hersteller-HP ins Autohaus kommt, freudestrahlend verkündet, dass er sein Fahrzeug genau so und nicht anders haben will - und allenfalls fragt, ob "am Preis noch was geht".
Ganz lange Rede, kurzer Sinn: ich versteh die Haltung der Händler. Ich bekomm auch deren Seite mit - oben genannte Kundin mit dem Ex-C-Benz-bald-A5 handelt mit gebrauchten Maschinen für die Kunststoffverarbeitung. Aber ich denk, die Sichtweite der Händler, bei sowas dann gleich "Schluss zu machen" ist etwas kurz gedacht. Auch weil tatsächlich irgendwann doch mal was geht (angenommen, der Z4 von Timees Eltern "geht drauf" ...), auch weil dennoch andere Geschäfte abgeschlossen werden. Und was natürlich auch gesagt sein muss: der Kunde erzählt nie, wie gut ein Geschäft doch gelaufen ist. Er erzählt seinen Bekannten nur, wenn was schief gelaufen ist, wenn er ungerecht behandelt wurde, ... - und dann bedeutet "ein verlorener Kunde" auch "fünf weitere verlorene Kunden" und "zehn potentielle Kunden vergrault".
Bearbeitet von: mb100 am 29.07.2012 um 14:55:14