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Unfallschäden an Gebrauchtwagen
Ist das schon ein Unfallwagen?
Alles ist relativ, auch nach einem Unfall. Was beim Verkauf als Unfallauto bezeichnet werden muss, wird vom Gesetz nicht eindeutig geregelt. Spielregeln stellt die Rechtsprechung auf.
Manche Dinge prägen das ganze Leben. Das gilt auch fürs Auto. Ein Unfallschaden etwa klebt wie Kaugummi am Wagen. Wenn es gekracht hat, sind die Probleme nicht weit. Erst mit der Werkstatt, dann mit der Versicherung – und später beim Verkauf. Denn ab wann ein Auto als Unfallfahrzeug gilt, ist gar nicht so einfach zu beantworten.
"Der Käufer muss von einem Schaden unterrichtet werden, wenn dieser mehr als eine geringfügige Beule oder eine Beschädigung der Lackierung darstellt", beschreibt AUTO BILD-Anwalt Rolf-Peter Rocke die Aufklärungspflicht des Verkäufers. So weit die Theorie. In der Praxis sieht die Sache so aus, dass nicht nur ein Crash zum Unfallschaden führt. Dachlawinen oder starke Hagel- und Sturmschäden können das Blech so deformieren, dass die Werkstatt nur noch Teile austauschen kann. Und schon ist der Wagen ein Unfallauto, und der Verkäufer muss auf diesen Umstand hinweisen, obwohl er vielleicht noch nie in seinem Leben ein anderes Fahrzeug oder Hindernis gerammt hat.
Nicht anders ist der Sachverhalt unter Umständen, wenn ein Radfahrer den geparkten Wagen streift. Wird dabei eine Tür so beschädigt, dass mehr als eine leichte Delle zu sehen ist und die Werkstatt die Tür komplett tauscht, gilt der Wagen als verunfallt. Genauso natürlich, wenn nach einem Frontalcrash der Vorderwagen (Kotflügel, Motorhaube und Front) erneuert werden muss – obwohl viele glauben, dass bei einer Reparatur vom Profi mit Originalteilen kein Unfallschaden anzugeben ist, sofern der Rahmen nicht beschädigt wurde. Bei Anbauteilen wie Seitenspiegeln oder Zierleisten verhält es sich wie mit Scheinwerfern und Heckleuchten: Wurde hier einmal getauscht, wird niemand von einem Unfall sprechen.
Grundsätzlich gilt: Verkäufer spielen besser mit offenen Karten. Und zwar nicht nur, weil dies selbstverständlich sein sollte, sondern auch, um Gerichtskosten zu sparen. Wurde einmal eine Reparatur durchgeführt, anerkennt die Rechtsprechung im Kaufvertrag die Klausel „Unfallfreiheit im Übrigen“. Es wird also Unfallfreiheit mit einem Zusatz vermerkt wie: "Frontschaden sach- und fachgerecht behoben" (Oberlandesgericht Düsseldorf) oder auch: "links Unfallschaden, Kotflügel etc. erneuert" (OLG Köln). Damit ist der Verkäufer frei vom Vorwurf der arglistigen Täuschung, denn der Käufer wird wahrheitsgemäß über das Ausmaß der Beschädigung in Unfallautos informiert.
Je mehr im Vertrag steht, desto besser. Ein kurzes Schlagwort bringt weniger Info als ein Foto mit beigelegter Rechnung vom Fachbetrieb. Ein Unfallauto muss nicht immer ein schlechter Kauf sein. Ist der Verkäufer über alle Beschädigungen und bereits erfolgte Reparaturen aufgeklärt, kann er ein Schnäppchen machen, das deutlich unter normalem Marktpreis unfallfreier Fahrzeuge liegt. Doch selbst für den Fachmann ist es nicht immer einfach, das Vorleben eines Autos aufgrund seiner Karosserie nachzuvollziehen.
Kleine Orientierungshilfen: Bei Farbspuren an Kunststoffteilen und Reifen, schief eingepassten Türen und Hauben sowie Farbunterschieden in der Lackierung ist stets Vorsicht geboten. Erscheint Ihnen der Verkäufer unseriös und lässt sich die Vita des Fahrzeugs nicht lückenlos nachvollziehen, lassen Sie besser die Finger von dem Wagen. Oder schalten einen unabhängigen Sachverständigen ein.
Erst recht, wenn bei einem Internet-Angebot die Anreise zu aufwendig ist, um am Ende einen Schrotthaufen vorgeführt zu bekommen. Ein Anruf beim Berufsverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) klärt, wo der nächste Profi-Schätzer zu finden ist (Telefon 0 30-2 53 78 50,
http://www.BVSK.de). Vor Ort hilft natürlich auch eine Probefahrt zum TÜV. Der nimmt rund 50 Euro für seine Bemühungen und muss selbst für Fehlurteile hinterher geradestehen.