Zitat:
Ich würde mich an dieser Stelle über eine Antwort von der laufenden Boulette sehr freuen, die sich ja bestens mit der Thematik auskennt.
(Zitat von: SuMo-Driver)
Das was du sagst stimmt.
Den kürzesten Bremsweg erreicht man bei der soganten Grenzwertbremsung, sprich wenn das Rad kurz vor dem Blockieren ist. Das ABS arbeitet nach dem Prinzip die Bremse kurz zu lösen und wieder zuzupacken, ist also eine Serie von Blockierbremsungen und Rollphasen - auch wenn diese Rollphasen nur wenige Grad Raddrehung bedeuten. Bei der Grenzwertbremsung wird die maximale Haftreibung ohne Unterbrechung genutzt.
Der Profi bekommt ohne ABS auf trockenem Untergrund einen rund 1,5 bis zwei Meter kürzeren Bremsweg hin. Da aber die meisten selbsternannten Autotester diverster Magazine alles andere als Profis sind, sieht man sehr viele Tests, bei denen das ABS-Fahrzeug immer den kürzeren Bremsweg hatte. Bei Fahrzeugen bei denen man das ABS nicht abschalten kann wird es mit der Grenzwertbremsung eh schwierig.
Jetzt kommt das Aber:
Die Grenzwertbremsund hat gegenüber ABS nur dann einen Vorteil, wenn zum einen die Bremsen absolut korrekt abgestimmt sind (Vorder und Hinterräder blockieren gleichzeitig) und alle vier Räder die gleiche Haftreibung haben. Wenn jedoch z.B. die Fahrbahn auf der einen Seite schlechter ist und somit es rechts schneller zu einem blockieren kommen würde, dann ist ABS wieder im Vorteil.
ABS ist absolut kontraproduktiv bei nassem Gras, Schotter, Tiefschnee - immer dann wenn der Pflugeffekt eine Rolle spielt. Bei den ersten Fahrzeugen mit ABS konnte man daher dieses noch ausschalten - heute geht das bei den meisten Autos nicht mehr.
Legt man auf Schotter oder tieferem Schnee eine Vollbremsung hin, dann häufen sich bei einem Fahrzeug ohne ABS vor dem Rad ein Haufen auf, der zum einen zusätzlich verzögert und zum anderen es dem Rad (vor allem bei Schnee) ermöglicht sich unter günstigen Umständen bis zum Aspahlt durchzubremsen. Ein Fahrzeug mit ABS verhindert das aufschieben eines solchen Haufens und hat immer den sehr schlechten Bremswert des losen Untergrundes.
Das mit der Lenkbarkeit bei ABS ist auch so eine Sache. So lenken wie ohne Bremswirkung geht auch mit ABS nicht. Auch bei Fahrzeugen mit ABS gilt: Wenn man zu schnell auf ein Stauende zurast - kurze Vollbremsung, Bremse lösen, ausweichen und dann wieder in die Klötze was das Zeug hält. Der größte Vorteil von ABS ist nicht, dass das Fahrzeug lenkbar bleibt (dies nämlich nur sehr eingeschränkt), sondern dass das Heck hinten bleibt und somit das Fahrzeug in der Spur. Dies ist auch das entscheidende weil Otto Normalfahrer lieber mit am Lenkrad verkrampften Händen auf das Stauende zurrast anstatt auszuweichen - die meisrten brüllen noch "Scheiße" - das ist aber auch das einzige was sie zustande bringen.
Mit der Einführung von ABS ging die Anzahl der Auffahrunfälle nur unwesentlich zurück - eine andere Unfallart erlebte einen wahren Aufschwung:
Unfälle mit Anhänger auf losem Untergrund.
Um eine klare Antwort für playa44 zu geben:
Physikalisch gesehen ist ohne ABS ein kürzerer Bremsweg möglich, in der Praxis im Alltagsbetrieb ist ABS jedoch im Vorteil.