Zuersteinmal findet sich in der Kfz-Werkstattbranche leider sehr flächendeckend dieses Vorgehen. Erst reparieren, dann über Kosten informieren und dann kann das Problem unter Umständen nicht einmal gelöst sein. Das ist nicht sehr kundenfreundlich, damit baut man sicher kein Vertrauen und keine Kundenbindung auf. Einer BMW-Vertragswerkstatt kann das egal sein, die haben ohnehin Ihren Zulauf an Kundschaft.
In einer freien Werkstatt findet man dahingehend evtl. feinfühligeres Vorgehen - aber auch dort ist das keine Selbstverständlichkeit.
Ich weiß nicht ob die Leute diese Erfahrung immer erst selbst machen müssen (wie oft liest man im Netz oder hört von Freunden und Verwandten: "War in der Werkstatt dafür und dafür. Wollten die Summe X für haben hinterher. Fand ich schon extrem teuer" oder "war sehr überrascht über die Höhe der Rechnung") oder ob der gemeine Autofahrer, der nicht in Kontakt mit der Branche ist, keinerlei Vorstellung vom Ablauf einer Reparaturannahme und Instandsetzung sowie Abwicklung hat. Und da gerne etwas blauäugig herangeht.
Ich würde immer versuchen mich zu vergewissern, dass ich im Vorfeld weiß welche Kosten auf mich zukommen. Für Verschleißteilereparaturen (Bremse, Auspuff & Co.) ist das sehr einfach, bei Fehlersuchen und Reparaturversuchen ist es oft schwer einfach zu sagen: Teil X ist kaputt, reparieren, dann ist Problem gelöst. Eine gute Werkstatt versucht hier einen wirtschaftlichen Mittelweg für Kunden und Werkstatt zu finden: Fehlersuchen nach Stunden abzurechnen kann horrend teuer werden und dem Kunden eigentlich nicht 1:1 berechnet werden (Diesen Kunden siehst du nie wieder - und das ist der freien Werkstatt etwas weniger egal als der großen Vertragswerkstatt. Die freie Werkstatt wird also meist eher "im Sinne des Kunden" handeln - sofern sie seriös ist) Da kann es unter Umständen billiger sein bestimmte "übliche Verdächtige Komponenten" zu tauschen, im besten Fall besitzt die Werkstatt mit Modell/Motor Erfahrungen dahingehend. Dann sollten diese verdächtigen Komponenten aber natürlich nicht allzu teuer sein, 1000€ für einen Reparaturversuch in den Sand zu setzen wird keinen Kunden freuen. Da hätte man ein paar Stunden Fehlersuche besser investiert. Nur so als Beispiel.
Sorry für das allgemeine Vorgeplänkel, ich versuche nur gerne die Leute etwas für gewisse Dinge und Sichtweisen zu sensibilisieren.
Dein konkreter Fall:
1.: Deine Fehlerbeschreibung: Klingt etwas vage. Die Anzeige geht "sprunghaft hoch" und wird "runtergeregelt". Die Drehzahlanzeige schnellt also bei schnellem Beschleunigungsversuchen nach oben, steigt auch die Motordrehzahl tatsächlich an (hört man den Motor "aufheulen"?) und der Vortrieb bleibt aus? Die Drehzahl der Anzeige passt also zur Motordrehzahl? Stinkt es ungewöhnlich im Innenraum, aus Richtung des Schalthebels oder bei offener Haube aus Richtung Getriebe/Rückseite Motor, kurz nachdem das Problem auftritt?
2. Die Reparaturannahme: Wie wurde das Problem vorgeführt? Geschildert und ohne Vorführung des Problems einfach ausgelesen? Scheint mir eine etwas voreilige Version einer "der Fehlerspeicher wird schon sagen was nicht stimmt"-Diagnose zu sein. Und auf den vorhandenen Fehlerspeichereintrag hat sich der zuständige Mitarbeiter schnell eingeschossen und nicht weiter hinterfragt ob es zum Problem passt.
Hätte man hier das Problem vorgeführt hätte man Missverständnisse bereits vermeiden können schätze ich. Ich sehe zwischen Drehzahlanstieg, ausbleibendem Vortrieb und abgelegtem Injektorfehler nicht direkt den ersten Zusammenhang. Da hätte man einfacher kurz die Kupplung prüfen selbst prüfen können.
3. Vermutung: Die Kupplung rutscht durch. Würde zu deiner Schilderung passen, ließe sich testen:
Motor an, betriebswarm, Handbremse anziehen, höchsten Gang einlegen (beim Diesel Handschalter wäre wahrscheinlich der 5. am sinnvollsten), Kupplung durchgetreten halten.
Nun Kupplung schnell kommen lassen und loslassen, dabei Vollgas geben.
Der Motor sollte dabei recht schnell abgewürgt werden. Dreht er noch, insbesondere sobald das Kupplungspedal längst losgelassen wurde rutscht die Kupplungsscheibe zwischen Druckplatte und Schwungrad durch. Ganz wie bei deinem Beschleunigungsproblem.
Zack, 1 min Zeit hätte es den für 120€ Stundensatz arbeitenden BMW-Mitarbeiter gekostet dein Problem einzugrenzen. Jetzt hast du neue Injektoren. Nunja ich weiß, schon warum ich die Dinge selbst repariere. Ich denke aber eher das ganze ist auf eine etwas unglückliche Problemschilderung und fehlende Problemvorführung zurückzuführen, weniger auf mangelnde Kompetenz des Mitarbeiters. Hoffe ich.
Einzige Anmerkung: Keine Ahnung wie du die Kupplung behandelst: aber nach 110.000 KM muss auch in einem Diesel die Kupplung nicht schon zwingend defekt sein. Bei gewöhnlicher Fahrweise sollte es eher bei einer doppelt so hohen Laufleistung mal vorkommen. Aber das bedeutet nicht, dass nach 110.000 in keinem Fall die Kupplung defekt sein kann. Wie oben erwähnt prüfen und absichern.
4. Zweimassenschwungrad (ZMS): Von außen schwer zu beurteilen. Falls defekt fällt es wohl am ehesten durch Rasseln, ungewöhnliche Motorschwingungen und unruhigen Leerlauf auf, oder sonst ungewöhnliche Schwingungen im Fahrzeug die ihren Ursprung im Antriebsstrang und somit in der fehlenden Schwingungstilgung des ZMS haben. Kannst du so etwas nicht feststellen (oder feststellen lassen) würde ich dem ZMS vielleicht noch ein paar weitere zehntausend Kilometer zutrauen. Eine eindeutige Diagnose des ZMS-Zustands ist allerdings erst nach Demontage der Kupplung möglich. Allerdings kann man auch den Arbeitsaufwand sehen: Ist die Kupplung ohnehin einmal runter, sind es auch nur noch 6-8 Schrauben mehr zu lösen und das ZMS kann mitgetauscht werden. Nur leider ist dieses als Einzelbauteil schon sehr teuer (~500-1000€).
Jedoch wäre es auch ein großer Aufwand wenig später ein defektes ZMS zu diagnostizieren (und diese Diagnose ist, solange die aufwendige Arbeit, also der Getriebeausbau noch nicht erfolgt ist auch nicht eindeutig, da wie gesagt: Genaue Zustandsangaben zum ZMS sind erst möglich sobald die Kupplung demontiert ist.) und dann doch nochmal tauschen zu lassen (Arbeitszeitaufwand entspricht da wieder recht genau dem eines Kupplungstausches).
Es soll aber noch dringend angemerkt werden: Sollte die Kupplung wirklich durchrutschen, entsteht an ihr und am ZMS Hitze, die das ZMS selbst materiell schädigen kann (Überhitzung von Reibfläche oder anderen Flächen, kann bis zur Rissbildung führen) und auch das Fett im inneren verhärten lassen kann. Es wäre also nicht abwegig, dass infolge der rutschenden Kupplung auch das ZMS in Mitleidenschaft gezogen wurde.
5. Empfehlung: Lass den Händler lieber erstmal BMWs verkaufen (und zahle nur die von die erwähnten 50% der Injektorgeschichte wenn er sich wirklich darauf einlässt) und gehe mit deinem Problem in eine seriöse freie Werkstatt, die keiner riesen Werkstattkette angehört. Schilder denen dein Problem, führe es vor und erzähle nichts von der Reparatur und dem Verdacht der BMW Werkstatt. Hol dir eine unabhängige zweite Meinung zu deinem Problem. Frag explizit nach dem Kupplungstest, falls der Sachbearbeiter die Kupplung bereits verdächtigt aber du Sicherheit haben möchtest.
Lasse einen Kostenvoranschlag (KVA) für die Kupplungsreparatur machen. Eine Version mit neuem ZMS und eine bei der das alte ZMS verbaut bleibt. Dann weißt du genau um die Kosten die auf dich zukommen. Die freie Werkstatt wird ZMS von LuK oder Sachs verbauen, diese kosten wahrscheinlich als Einzelteil bereits nur 1/2 oder 2/3 des BMW-ZMS. Hinzu kommen die geringeren Stundensätze der freien Werkstatt. Wofür BMW die hohen Stundenlöhne für so eine Standardarbeit bezahlen?
Die Werkstatt soll, sobald die Kupplung runter ist, das ZMS prüfen und dir mitteilen ob es wirklich unumgänglich defekt ist oder noch verbaut bleiben könnte. In letzterem Fall wirst du natürlich dennoch ein kleines Restrisiko haben, aber du hast alles vorher zur genüge diagnostizieren lassen es ist also ab da nur noch deine Entscheidung. Sobald man dort Sicherheit hat, dass das ZMS i.O./defekt ist sollen sie dich anrufen (oder wenn i.O. halt nicht) und dich fragen ob es getauscht werden soll (im besten Fall haben die die Ersatzteile schonmal bestellt und können diese im nicht-Tauschen-Fall ohne Probleme für ihre Werkstatt oder für dich an ihren Teilelieferanten zurückgeben, dann blockiert der Wagen nicht die Bühne bis Ersatzteile ankommen) und du hast den Wagen am Abend oder nächsten Tag wieder zurück. Und bezahlst das was im KVA abgesprochen war und Ende.
Ich schätze die Kupplung mit etwa 7-800€, ZMS werden gute 5-600€ extra sein im selben Zuge dieser Arbeiten (Aber nagel bitte mich oder die Werkstatt hier nicht auf 100€ bei dieser Abschätzung fest).
Ein BMW E91 Diesel mit 110.000 km ist doch noch ein interessanter Gebrauchtwagen, sofern man keine Fahrverbote berücksichtigen muss. Und sobald du weißt was die Reparatur kostet und dein Wagen für einen Restwert hat: Kriegst du für Summe aus Wert und Kosten wirklich ein so viel besseres Auto?
Diese Rechnung musst du für dich selber machen.