Dieser Beitrag wurde vom Moderator angry81 am 28.06.2019 um 08:36:42 aus dem Forum "Nice2Know Beiträge zur Überprüfung" in dieses Forum verschoben.Anleitung: Achsvermessung selber durchführenAnleitung zu Bau und Anwendung eines Schnurgerüstes zur AchsvermessungOft kommt es vor, dass man nach dem Tausch von Fahrwerkskomponenten die Radstellungsgrößen einstellen oder zumindest kontrollieren müsste.
Ich möchte daher eine schnelle, einfache und kostengünstige Methode vorstellen, wie man sich eine eigene Vermessungseinrichtung zusammenstellen kann.
Warum sollte ich mein Fahrzeug mit dieser doch vermeintlich ungenauen Methodik vermessen wollen wo es doch High-Tech Messsysteme mit Computersoftware gibt?Zum einen wäre da natürlich der Kostenfaktor. Für die einmaligen Kosten, die mit einer oder zwei Vermessungen in der Fachwerkstatt vergleichbar sind, hat man eine mobile, schnelle und wiederverwendbare Möglichkeit die Radstellung zu kontrollieren. Zum anderen: Rennteams auf der ganzen Welt vermessen ihre Fahrzeuge an den Strecken (u.a.) nach diesem Prinzip. Man muss aber einräumen, dass hierfür fertige Schnur-Systeme auf dem Markt erhältlich sind - für entsprechende Preise. Die Genauigkeit mit der gemessen wird kann um bis zu einen halben Millimeter abweichen - je nach Felgengröße sind das weniger als 0,1° bzw. 0°06‘ Grad. Dies führt jedoch seltener zu Problemen als eine ungenaue Arbeitsweise. Wenn ihr penibel vorgeht dürftet ihr auf der vollautomatischen 3D-Kamera-Messanlage eurer Werkstatt bis auf wenige Winkelminuten dieselben Werte erhalten wie auf eurem Zollstock!
Natürlich eignen sich diese Systeme nicht für den einmaligen Gebrauch, das stünde in keinem Verhältnis zum Aufwand. Wer jedoch gerne selbst Hand anlegt und dabei eventuell seinen Horizont um etwas Fahrwerkskunde erweitern möchte dem soll diese Anleitung helfen.
Im Folgenden wird der Bau der Anlage beschrieben, anschließend die Messung von Sturz und Spur.
Da ihr mit dieser Einrichtung nicht nur einen Fahrzeugtyp vermessen könnt, sondern im Grunde jedes Fahrzeug, halte ich es Allgemein. Das bedeutet aber auch, dass ihr euch:
- Einstellpunkte am Fahrzeug selber recherchieren müsst
- In Erfahrung bringen müsst ob die Spureinstellpunkte ohne Hebebühne und bei nur geringer Bodenfreiheit erreichbar sind und eine Einstellung mit euren Mitteln überhaupt möglich ist (Stichwort Audi A4 B5 beispielsweise)
- Messbedingungen (Zuladung, Tankfüllung etc.) sowie Sollwerte selber recherchieren müsst oder ein gesundes Gefühl für sinnvolle Einstellwerte haben solltet (-> Fachkenntnis)
Fragt euch außerdem: Welches Fahrzeug will ich vermessen, was für Räder sind montiert?- Länge und Breite sowie Spurweiten des Fahrzeuges an Vorder- und Hinterachse
- Felgenbreiten und Einpresstiefen an Vorder- und Hinterachse: identisch oder verschieden?
- Durchmesser der Felge
Will ich nur messen und kontrollieren? Will ich auch einstellen?- Wie stelle ich an meinem Fahrzeug Sturz an Vorder- und Hinterachse ein?
- Wie stelle ich die Spur an der Vorder- und Hinterachse ein?
Am Ende sieht eure Ausrüstung aus wie folgt:
Teileliste:- 2 Querbalken (für vor und hinter dem Fahrzeug)
- 4 Standfüße, höhenverstellbar
- Anglerschnur (2x ca. 5m)
- 4 Gewichte (z.b. Schrauben)
- Gliedermaßstab oder Stahllineal (Je genauer desto besser)
- 8 Gleitplatten (Holz, Stahl, etc.)
- Digitale Wasserwaage
- Aluprofile für die Sturzmessung
Werkzeugliste:- Säge/Winkelschleifer mit Trennscheibe
- Schweißgerät
- Feile
- Werkzeugsatz, zur Spureinstellung am Fahrzeug selbst
Materialliste:- Stahlrohre: 2 Durchmesser, müssen ineinanderpassen (Erläuterung siehe unten) Länge mind. 800 mm bzw. 4x 200 mm
- Stahlblech mind. 1 mm Dick, oder Flacheisen
- 2x mind. 2,5m Aluhohlprofil (Vierkant 14x14 mm)
- Weitere Aluprofile 14x14 mm (Siehe unten Pos. 4, Länge abhängig vom gewünschtem Umfang des Equipments)
- 4x M8 Mutter (Stahl)
- 4x M8 Schraube (ca. 20-25 mm)
- Flacheisen/Stahlblech ca. 15-25 mm breit, 1-2 mm Dick, ca.
- Anglerschnur (0,3 - 0,5 mm stark), ca. 10-15 m
- Klebeband/Isolierband
Vor dem Beginn des Baus:Wir möchten die Fahrwerksgeometrie vermessen. In erster Linie die Spur- und Sturzwerte. Besonders die Spurwerte bewegen sich in Einstellbereichen von wenigen Winkelminuten, das ist weniger als ein Grad. Und eine volle Raddrehung um die Hochachse entsprächen logischerweise ganzen 360°. Wir messen also extrem geringe Werte und benötigen daher eine möglichst hohe Genauigkeit. Diese hohe Genauigkeit muss also auch beim Bau der Messanlage berücksichtigt werden. Messt, markiert und schneidet dort wo es relevant ist also möglichst präzise, damit eure Messung auch möglichst genau ausfällt!
Bau der Messanlage:Pos. 1: Querbalken für vor und hinter dem Wagen! Abhängig von der Fahrzeugbreite bzw. der größten Spurweite
!Für die größten Fahrzeuge werden Profile mit einer Länge von jeweils 2,5 m ausreichen, bei kleineren und Mittelklasse Fahrzeugen kann auch auf 2,0 m zurückgegriffen werden. 2,0 m sollten im Fahrzeuginnenraum leichter zu transportieren sein, falls nötig.
- Profil auf 2,5 m Länge zuschneiden
- in Längsrichtung: Mitte des Profils Markieren
- Von der Mitte aus: 750 mm in beide Richtungen abmessen und möglichst exakt markieren (Anreißen)
- Weitere Markierungen im Abstand von +25 mm (von der Mitte ausgehend) anbringen, bis zur letzten möglichen Markierung bevor das Profil endet
- Ihr habt nun symmetrisch zur Mitte des Profils 19 Markierungen (da die 20. Markierung genau am Ende des 2,5 m langen Profils liegen sollte, falls ihr genau gearbeitet habt) an jedem Ende des Balkens
- Arbeitet an den Markierungen Kerben quer zur Längsachse des Profils hinein (Säge, Feile etc., hierin soll später die Schnur sauber liegen und nicht herausrutschen). Diese sollten möglichst im senkrecht zur Längsachse bzw. zur Kante des Balkens liegen.
- Beschriftet die Kerben mit Edding/Lackstift enstprechend ihres Abstandes zur symmetrischen Kerbe auf der gegenüberliegenden Seite: Wenn ihr wie oben vorgegangen seid, sollte eure Markierung bei 1,5 m beginnen und bei 2,45 m enden. (Ggf. Abstand der symmetrischen Kerben mit Gliedermaßstab checken)
- Wiederholt diese Schritte für die zweite 2,5 m Latte.
Pos. 2: Standfüße! Abhängig vom kleinsten & größten zu messenden Raddurchmesser
!Da dies die zweifellos aufwendigsten Teile des ganzen Aufbaus sind, darf hier die Kreativität ausgelebt werden: Solange ihr 4 kippelfreie „Standbeine“ habt auf die ihr eure Latten legen könnt ohne, dass diese herunterfallen und die Schnur später möglichst exakt auf Höhe der Radmitte hängt (es wird wohl auf 1-3 mm ankommen können), reicht es. Und wenn ihr es euch aus Lego-Steinen zusammenbaut.
Es eignen sich auch Unterstellböcke, diese sind jedoch in der Regel nur in Stufen verstellbar und nur mit Glück befindet sich eine der Rasten auf Höhe der Radmitte eures zu vermessenden Fahrzeuges!
Daher: stufenlos höhenverstellbare Standfüße:
Grundplatte der Standfüße: Sollen je nach Untergrundbeschaffenheit auf dem ihr vermesst, einen sicheren Stand gewährleisten und die Ständer nicht kippeln oder umfallen lassen, auch wenn diese hoch ausgefahren sind.
- Nehmt ein Stück Stahlblech (1-2 mm Dick) oder ein großes Flacheisen und schneidet es, wenn nötig auf z.B. 50x50 ... 100x100 mm quadratisch zurecht (hier dürft ihr variieren). Dickeres Material erleichtert hier später das Aufschweißen der Rohre, erschwert natürlich die Verarbeitung.
Die ausfahrbaren Ständer für die Aluprofile werden teleskopartig auseinandergeschoben. Dafür benötigt ihr Stahlrohre: Der Außendurchmesser des kleineren Rohres muss genau in den Innendurchmesser des größeren passen.
Beispiel: 1x D = 23 mm, d = 20 mm; 1x D = 20 mm d = 17 mm zu jeweils 200 mm Länge
(D = Außendurchmesser, d = Innendurchmesser)
! Die Länge der Rohre soll es ermöglichen die Aluprofile auf die Höhe der Radmitte anzuheben. Diese liegt je nach Fahrzeug bei 300-350 mm, falls euer Caterham oder Hummer davon abweichen sollte, müssen die Füße diese Höhe auch erreichen können!
Ich habe für BMW 3er und die gängigsten Fahrzeugtypen 200 mm gewählt.
!Entscheidet die Maße je nach Verfügbarkeit und Kosten für euch selbst, solange sie ineinander passen ohne deutlich zu kippeln, aber auch hier wieder mit dem Hinweis: es wird noch geschweißt werden!
- Schneidet die Rohre in 200 mm Stücke, mit möglichst senkrechten Schnittkanten
- Ihr habt nun: 4x Rohre D = 23 mm in 200 mm Länge und 4x in D = 20 mm in 200 mm Länge
- Bohrt in die GRÖßEREN Rohre, gute 20-25 mm unterhalb eines der Enden ein 9 mm Loch
- Schweißt auf das Loch eine M8-Mutter (hierüber spannt ihr später das innere Rohr mithilfe einer M8-Schraube auf der gewünschten Höhe fest)
- Schneidet eine kleine 20-40 mm lange Lasche (10-20 mm breit) aus Flacheisen oder Stahlblech zurecht und schweißt sie mit einem Ende an die Stoßkante des KLEINEREN Rohres, sodass die Lasche aufrecht steht und später ein herunterrutschen des Alu-Profils verhindert wird
- Schweißt das größere Rohr zentriert auf die am Anfang gefertigte Ständerplatte, mit der aufgeschweißten Mutter nach oben. Es sollte möglichst senkrecht auf der Platte stehen.
- Kleineres Rohr in größeres einführen, M8-Schraube in die Mutter hineindrehen.
- Baut nach den oben aufgeführten Punkten die anderen 3 Standfüße.
Pos. 3: Vorbereiten der Vermessungs-Schnur- Kürzt die Anglerschnur auf etwa 5 - 5,5 m Länge, wickelt die Enden um ein Gewicht, beispielsweise eine schwere Schraube (M10 und aufwärts), fixiert die Schnur am Gewicht mit Klebe- oder Isolierband.
! Die Länge der Schnur ist von der Länge des Fahrzeuges abhängig, also davon wie weit die Aluprofile vor und hinter dem Wagen später auseinander liegen. Passt eure Schnurlänge durch auf- und abwickeln vom Gewicht ggf. an, sodass die Gewicht bei der Messung später nicht den Boden berühren
!Pos. 4: GleitplattenAuf ihnen steht euer Fahrzeug später. Schneidet euch also 8 mehr oder weniger quadratische Platten (etwa 300x300 - 400x400 mm) zurecht. Das Material ist egal, solange:
- Die Materialien sollen gut aufeinander gleiten, ggf. mit einem Gleitzusatz wie Fett oder Öl
- Die Platten müssen eine identische Höhe besitzen, damit das Fahrzeug später eben steht. Gleichzeitig bringen euch höhere Platten eine höhere Bodenfreiheit, die euch eventuell später das Arbeiten erleichtert, aber auch das Auffahren evtl. erschweren
- Das Fahrzeug wird auf diesen Platten abgestellt (Gewicht pro Rad von 250-500 kg), muss leicht darauf gefahren und abgebremst werden können, und die Räder sollen mittig darauf stehen und bei Relativbewegungen zwischen den Platten sollen diese nicht voneinander heruntergleiten (Falls die Platten zu klein sind)
Im Grunde besitzt ihr jetzt das Equipment um die Spur eures Fahrzeugs zu vermessen.
Für die Sturzmessung sind noch ein paar Hilfsmittel nötig:
Pos. 5: „Sturzmesslatten“Da eure Waage entweder zu kurz oder zu lang sein wird (lieber zu kurz), braucht ihr einen „Adapter“ um die Sturzwerte anständig aufnehmen zu können (damit eure Waage sauber auf den gegenüberliegenden Seiten des Felgenhorns aufliegt).
- Schneidet eure Aluprofile entsprechend der Länge eures Felgenhornabstandes zurecht.
! Wichtig: Eine 17“ Felge hat KEINE 17“ Felgenhorndurchmesser
!Da die Felgenhorndurchmesser aber in ca. 1“ Schritten, zusammen mit dem Felgendurchmesser steigen und fallen und sich nur noch zwischen Stahl- und Alufelgen, sowie durch das Design des Felgenhorns unterscheiden, macht eine 1“-Abstufung Sinn.
Mögliche Probleme der Sturzmessung:- ACHTUNG: Hierbei wird kein Felgenschlag berücksichtigt!
- Es kann bei bestimmten „nach außen überstehenden“ Speichendesigns der Felge zu Problemen bei der Messung kommen. Ein zusammengesetztes U-förmiges Profil von Horn zu Horn kann hier Abhilfe schaffen
- Ist das Profil zu lang liegt es auf dem Reifen auf, ist es zu kurz womöglich auf dem Felgenstern oder den Speichen.
- Verschwindet das Felgenhorn durch extreme Tieferlegung oben hinter dem Kotflügel ist eine Messung nicht möglich. Oder aber angenähert messbar durch eine Auflage auf dem Felgenstern oder Speichen, falls symmetrisch angeordnet.
Mögliche Abstufung:Felge: (Nenndurchmesser) Profillänge (mm-Angaben gerundet): (Felgenhorn)14“ 15 - 16“ (381 - 406 mm)
15“ 16 - 17“ (406 - 432 mm)
16“ 17 - 18“ (432 - 457 mm)
17“ 18 - 19“ (457 - 482 mm)
18“ 19 - 20“ (482 - 508 mm)
19“ 20 - 21“ (508 - 533 mm)
20“ 21 - 22“ (533 - 559 mm)
Wenn ihr ein Fahrzeug mit einer bestimmten Felge mehrfach vermesst, könnt ihr euch hier auch ein Profil genau auf eure Felge zuschneiden!
Pos. 6: Die Sturzwaage- Beschafft euch eine digitale (elektronische) Wasserwaage/Neigungsmesser (keine zu lange, sie sollte kürzer sein als der Felgenhornabstand - also max. 300 - 350 mm lang - und nullt sie möglichst genau.
Wie genau muss sie sein? Die meisten Waagen haben eine Auflösung von 0,1°, sprich einer Nachkommastelle. Bei der Messungenauigkeit selbst sollte man bescheiden bleiben. Sturz-Sollwerte werden mit bis zu 30‘ Toleranz angegeben, was 0,5° entspricht. Billige Waagen arbeiten mit bis zu 0,2° Abweichung im Bereich von 1 - 89°; teure Modelle bis 200€ schaffen auch nur 0,1° in diesem Messbereich. Wir sollten also die Kirche im Dorf lassen. Modelle für 30-50€ sollten für den Hobby-Zweck gerechtfertigt sein, besser darf es immer sein sobald es um Messtechnik geht.
Nun haben wir das gesamte Equipment für eine Vermessung zusammen, das Fahrzeug kann vermessen werden. Sollen Sturz und Spur gleichermaßen gemessen und eingestellt werden gilt:
Zuerst die Sturzeinstellung,
dann die Spureinstellung. Zuerst an der Hinterachse, dann an der Vorderachse! So kann nun nacheinander die Einstellung erfolgen.
Sturzmessung:1.) Voraussetzungen für die Messung schaffen: Die Fahrzeughersteller geben Sollwerte für die Radstellungsgrößen ihrer Fahrzeuge heraus. Diese sind dann auch meist an Messbedingungen geknüpft: Zuladung auf Sitzen (vorne+hinten), Zuladung im Kofferraum, Tankfüllstand, Reifenluftdruck usw. Wollt ihr es genau machen, recherchiert ihr diese Werte zuvor und besorgt euch adäquate Gewichte gemäß den Vorgaben (z.B. Wasserkanister).
Sind diese Werte nicht vorhanden oder zu kriegen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
- Reifenprofil sollte gleichmäßig abgefahren sein
- Radaufhängung auf Spiel prüfen
- Reifenluftdruck auf üblichen Kaltwert einstellen
- Tank zu 50-60% füllen (entspricht dem Mittelwert aus fast leer - niemand fährt je den Tank komplett leer, richtig? - und vollgetankt)
- Ggf. noch Gewicht auf dem Fahrersitz von 75kg (oder dem Körpergewicht des Fahrers entsprechend)
! Noch eine Anmerkung: Sollte von vornherein deutlich sein, dass Werte eingestellt werden müssen, so sollten vor der eigentlichen Vermessung alle nötigen Schrauben, Muttern und Gewinde von Lagern und Spurstangen schon einmal gelöst und gangbar gemacht werden! Unter dem Fahrzeug bei wenig Bodenfreiheit wird dies sonst zum Problem.
!Messfläche prüfen:! Die Vermessung sollte auf einer ebenen, in keiner Richtung geneigten Fläche erfolgen. (Höchstens eine leichte Neigung in Längsrichtung)
!Jede Neigung verschiebt die Radlasten des Fahrzeuges und sorgt dafür, dass der Wagen nicht exakt in Konstruktionslage steht!Die aufgebauten Schiebeplatten in Quer- wie Längsrichtung möglichst genau entsprechend Radstand und Spurweite ausrichten.
Bevor ihr das Fahrzeug später darauf fahrt, kann es nötig sein diese nochmal etwas zu verschieben, dann aber bitte möglichst geringfügig sonst
ist die folgende Prüfung der Messfläche nicht aussagekräftig!
Nehmt euch eine entsprechend lange Holz- oder Metalllatte die möglichst gerade ist und sich nicht unter dem Eigengewicht durchbiegt.
Legt sie quer über die vorderen und hinteren beiden Schiebeplatten-Paare und messt die Querneigung eurer Messfläche. Notiert Wert und Richtung
(abschüssig nach rechts/links).
! Um die Genauigkeit der Winkelangaben zu erhöhen messt zweimal: wendet die Waage beim zweiten Mal um 180°. Sind die Werte identisch, gut. Weichen sie ab, bildet einen Mittelwert! (Messung 1 + Messung 2) : 2 = Neigung
!Wiederholt das Prozedere in Längsrichtung und am besten auch in Diagonaler Richtung. Im Idealfall ist eure Messfläche hier exakt eben und nicht geneigt.
Wenn ihr euch dessen sicher sein könnt, könnt ihr euren später gemessenen Radstellungswerten auch eine hohe Genauigkeit zusprechen.
Variiert ggf. die Position eurer Messfläche auf dem Grundstück/Halle evtl bis ihr eine geeignete Stelle findet.
2.) Schiebeplatten entsprechend des Radstandes und der Spurweite auslegen und Fahrzeug darauf fahren. Die Räder sollten mittig auf den Platten stehen. Lenkrad geradestellen.
3.) Das Fahrzeug steht auf den Schiebeplatten, Lenkrad geradeaus.
4.) Nun ein zum Felgenhornabstand passendes Aluprofil wählen und möglichst vertikal auf das Felgenhorn auflegen. Die Sturzwaage an das Aluprofil anlegen und Wert ablesen.
Ggf. sicherstellen ob es sich um positive oder negative Sturzwerte handelt.
Wahrscheinlich wird der Anzeigewert mit z.B. 87,9° angezeigt, von 90° abgezogen ergibt sich hierfür also ein Sturzwinkel von 2,1°. Das Vorzeichen muss wie oben erklärt, bestimmt werden. Idealerweise Werte mitteln (siehe unten "Die korrekte Sturzmessung").
Notiert hier die Eingangswerte.
Die korrekte Sturzmessung:Die exakt senkrechte Ausrichtung der Waage auf der Felge (von der Fahrzeugseite betrachtet) muss gewissenhaft durch euch selbst erfolgen.
Die Messung selbst sollte zweimal durchgeführt und der Wert gemittelt werden: Messt, wendet die Waage, sodass die das zuvor noch oben deutende Ende
nun nach unten zeigt. Erhaltet ihr zwei abweichende Werte addiert sie und dividiert durch zwei. Damit habt ihr den Radsturz ermittelt und
einen Teil des Messfehlers der Waage minimiert.
5.) Bei Abweichungen kann der Radsturz nun korrigiert werden, sollte der Wagen dafür angehoben werden, so sollten die unten genannten Hinweise zum Anheben und Ablassen des Wagens berücksichtigt werden.
Anschließend die Sturzwerte erneut messen und als Ausgangswert notieren.
Es kann die
Spurvermessung folgen:
6.) Standfüße des Schnurgerüsts vor und hinter dem Fahrzeug aufstellen
7.) Die Aluquerbalken auf den Ständern platzieren
8.) Die Schnurlänge prüfen und ggf. durch auf-/abwickeln anpassen, sodass die Gewichte später frei in der Luft hängen und die Schnur stramm gespannt ist.
9.) Die Schnur auf beiden Fahrzeugseiten in die Kerben so einlegen, dass diese so dicht wie möglich am Fahrzeug und an der Radmitte verläuft ohne Teile des Fahrzeugs zu berühren
! Die Schnur links wie rechts und vorne wie hinten in die entsprechende Kerbe mit gleicher Markierung einlegen (z.B. „1,70“ rundherum). Es soll ein exaktes Rechteck um das Fahrzeug herum gelegt werden
!10.) Die Höhe der Standfüße rundherum nacheinander so lange anpassen bis die Schnur an jedem Rad exakt auf Höhe der Radmitte liegt (Mitte Nabendeckel, BMW und Mercedes-Fahrer sind hier im Vorteil).
11.) Den Abstand der Schnur zur Radmitte mit Gliedermaßstab oder Stahllineal messen und durch verschieben der Alulatten quer zum Fahrzeug an allen Rädern auf den gleichen Wert bringen (erfordert ggf. mehrfaches messen, Verschieben, erneutes messen)
! ACHTUNG: Fahrzeuge mit Unterschiedlicher Spurweite vorne und hinten, sowie Fahrzeuge mit anders dimensionierten bzw. „breiteren“ Felgen auf der Hinterachse werden hier keine identischen Werte erreichen. Hier die Aluprofile so positionieren, dass die Werte an einer Achse beidseitig jeweils identisch sind
!Jetzt steht das Fahrzeug in einem exakten Rechteck.
12.) Messen der Spurwerte:
Hierzu an einem Rad den Abstand von Felgenhorn zu Schnur mit dem Lineal messen.
Abstand vordere Kante Felge GRÖßER Abstand hintere Kante der Felge zur Schnur: Vorspur / Toe-In
Abstand vordere Kante Felge KLEINER Abstand hintere Kante der Felge zur Schnur: Nachspur / Toe-Out
Notiert eure Eingangswerte um ggf. Rückschlüsse auf beispielsweise ungleichmäßigen Reifenverschleiß zu ermöglichen.
13.) Je nach Achse kann dieser Abstand nun durch Verschieben von Lenkern in ihrer Lagerung oder verdrehen der Spurstange verändert werden, die Spur also eingestellt werden (gemäß Wünschen/Vorgaben). Um aus den Abständen in Millimetern nun auf Winkelminuten zu kommen gibt es eine Umrechnungstabelle:
14.) Messt die Werte, stellt ein, kontrolliert, zieht die Verschraubungen korrekt fest und kontrolliert erneut. Es können einige Versuche nötig sein aber mit etwas Übung bekommt ihr ein Gefühl dafür. Ein Helfer zum Messen oder Einstellen am Fahrzeug selbst ist hier hilfreich.
Notiert euch auch hier wieder eure eingestellten Werte.
Die korrekte Spurmessung:Beim Messen mit dem Zollstock oder Stahllineal möglichst genau vorgehen. Meist bietet sich sogar eine Abschätzung auf 0,25 mm genau an.
Klingt erstmal übertrieben, kann aber notwendig werden. Es spielt eine Rolle wie ihr auf eure Messskala und die Schnur schaut, also immer gleich
vorgehen: Lineal dicht an der Schnur, aber möglichst ohne sie zu berühren. Blick möglichst senkrecht von oben darauf. Der abgelesene Wert sollte
an der beiden mm-Skalen (an linker und rechter Kante des Zollstocks/Lineals) identisch sein, sonst haltet ihr das Lineal nicht exakt senkrecht zur Messfläche und zur Schnur (bei ungünstigen Felgendesigns ist diese Fläche eben nur ein "Punkt" an der äußersten Stelle des Felgenhorns).
Wichtig ist beim Einstellen die Tendenz des Rades auf der anderen Seite zu Berücksichtigen:Stelle ich vorne links knapp über 1 mm Vorspur ein, rechts jedoch knapp unter 1 mm, dann würde ich dabei in Kauf nehmen, hinterher eine
Lenkradschiefstellung nach links zu erhalten, wenn sich die Werte nicht zufällig durch Messungenauigkeit oder Elastizitäten und Hysterese in der
Lenkung kompensieren.
Da sich die Werte auch gerne mit dem Festziehen der Kontermutter der Spurstange nochmals verändern, kann hier oft lästiges "Einstellen, Festziehen, Messen" zu einer Geduldsarbeit werden.
Aber auch hier gilt: Verzieht sich die Spur eines Rades durch festziehen, so muss das erstmal nicht schlimm sein, falls ihr nicht exakt auf dem Sollwert nach dem festziehen landet aber noch in der Toleranzangabe seid. Allerdings sollten am Ende beide Seiten zumindest "in gleicher Richtung" aus der Toleranz laufen: Also an beiden Seiten etwas zu viel Vorspur, oder etwas zu weniger als gewollt. Habt ihr links mehr und rechts weniger Vorspur vorliegen, stellt ihr euch vielleicht schon wissentlich oben genannte Lenkradschiefstellung ein. Dann wäre der ganze Aufwand ja umsonst. Also: Mit dem Kopf dabei bleiben!
Und kontrolliert regelmäßig ob das Lenkrad gerade steht - nichts ist ärgerlicher als nach dem Festziehen auf dem perfekten Spurwert festzustellen, dass das Lenkrad sich durch das Gezerre an der Kontermutter verdreht hat. Dann geht die Einstellerei wieder von vorne los.
An der Stelle lasse ich mir auch gerne noch einen Bauplan für einen DIY-Lenkradfeststeller präsentieren!
(Eine zweite geduldige Person im Wagen erfüllt diesen Zweck ebenso wie ein paar weitere: Lenkrad permanent auf Mittelstellung festhalten, Radbremse treten und zugleich als Zuladung auf dem Fahrersitz)
Weiter gilt es zu beachten:- Fahrzeug bewegen: Das Fahrzeug sollte stillstehen und während der Arbeiten nicht rollen. Ggf. Handbremse anziehen oder nach Möglichkeit die Fußbremse feststellen - die Handbremse hält den Wagen schließlich nicht, wenn die HA zur Sturzanpassung ausgefedert wird.
- Fahrzeug anheben: Das Fahrzeug sollte zum Einstellen nicht angehoben werden. Sollte dies trotzdem erforderlich sein, sollte das Fahrzeug anschließend abgelassen, mind. Eine Radumdrehung vor- und zurückgerollt werden, sowie an allen 4 Rädern durch aufstützen kräftig durchgefedert werden. Die tatsächlichen Messergebnisse erzielt man nach dem Anheben nur nach einer Fahrt, sodass sich alle Bauteile und Lager wieder in ihre Ruhelage setzen können!
- Ihr habt die Einstellwerte frei in der eigenen Hand - wer sich unsicher ist bezieht sich auf Sollwerte des Herstellers und stellt nach ihnen ein. Wer beispielsweise ein eigenes Setup einstellen möchte oder über die Radstellung ungleichmäßigen Reifenverschleiß kompensieren möchte, der hat hier die Möglichkeit bei Spur und Sturz eigene Wege zu gehen - aber bitte nur wenn man sich mit Verstand und Fachwissen daran wagt. Ansonsten hilft das Forum in Sachen individueller Einstellwerte sicher auch weiter.
Wer sich in das Thema Fahrwerkseinstellung und Achsvermessung weiter einlesen möchte und Wert auf einen hohen Praxisbezug legt, dem sei das Buch „Fahrdynamik in Perfektion“ von Wolfgang Weber (Motor Buch Verlag) ans Herz gelegt. Von dort stammt auch die ursprüngliche Idee für ein DIY-Achsmesssystem.
Den BMW-Fahrern unter den Lesern seien die Nice2Know-Artikel des Syndikats hinsichtlich der modellspezifischen Radaufhängungen und ihrer Einstellungsmöglichkeiten empfohlen.
Diese Anleitung wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt.
Es wird keine Haftung für Schäden übernommen, die aus Fahrlässigkeit oder durch unsachgemäße Ausführung der Arbeiten entstehen. Es sollte der gesunde Menschenverstand eingesetzt und die eigenen Fähigkeiten realistisch eingeschätzt werden. Im Zweifelsfall sollten Personen mit Fachkenntnis hinzugezogen oder die Arbeiten einer Fachwerkstatt überlassen werden.
Dieser Artikel dient lediglich als Hilfestellung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Über Anmerkungen, Ergänzungen, Hinweise auf etwaige Fehler per persönlicher Nachricht an mich würde ich mich freuen.
„SHiFTY-59“ Bearbeitet von: angry81 am 28.06.2019 um 08:36:42Bearbeitet von: SHiFTY-59 am 31.07.2019 um 10:40:25