Wow…
ich bin verwundert und fasziniert. Fasziniert ob dessen, was ich losgetreten hab. Fasziniert ob dessen auch, wie sich die Herren Kollegen verhalten und meine Aussage einordnen.
Ich bin hier nun seit ca. 10 Jahren aktiv. Und denke, dass ich im Forum auch bekannt bin für ironische bis sarkastische Beiträge. Für kritische Beiträge, für bissige Beiträge - und auch für Beiträge, die nicht der herrschenden Foren-Meinung entsprechen. Dass ich auch bekannt dafür bin, Wunden ausfindig zu machen und den Finger nicht nur reinzustecken, sondern auch noch ordentlich drin rumzubohren. Drei Stimmen in diesem Thread und viele andere Stimmen in anderen Threads bestätigen mir dies.
Fasziniert bin ich über das Verhalten der Kollegen, weil ich diesen fraglichen Satz - eben durch die Verwendung des zwinkernden, übertrieben lachenden Smilies - zum einen klar ersichtlich als Ironie gekennzeichnet habe. Weil ich mich zum zweiten nicht auf alle bezogen habe, sondern auf „die meisten“. Heckpropeller hat es erkannt. Ich würde im übrigen diesen Satz auch über „die meisten Männer“ und „die meisten Deutschen“ sagen.
Dies liegt auch darin, dass ich zum einen in meinem doch recht weitläufigen Bekanntenkreis als eigentlich begeisterter Leser eine Exotenrolle einnehme, dass ich zum zweiten - berufsbedingt - auch im privaten Bereich sehr wenig zum Lesen komme (ich les schon einige Monate an „Shades of Grey 2“ rum - und dies liegt nicht am Buch, sondern daran, dass ich tatsächlich nicht mehr dazu komme, mir die Zeit zum Lesen zu nehmen) und zum dritten nach einem Tag im Büro, den auch ich in erster Linie mit Lesen und Schreiben verbringe, im privaten Bereich eigentlich keine Lust mehr darauf hab.
Ergänzend ist doch allgemein bekannt, dass das Lesen (von Büchern) in Deutschland als Hobby eher rückläufig ist - mit ein paar spitzen-verursachenden Ausnahmen (v.a. Harry Potter und besagte von mir erwähnte Reihe - beides betraf allerdings vor allem auch die Damenwelt und - im Falle von Herrn Potter - die Jugend; also zwei Gruppen, die hier eher weniger stark vertreten sind). Auch diese Tatsache unterstützt meine Meinung.
Vom Syndikat hab ich aus einem weiteren Grund noch den Eindruck, dass der Großteil (unterscheidet bitte „der Großteil“ und „alle“) eher lesefaul ist: die Rechtschreibung vieler (und das sind diesmal weniger als „der Großteil“) ist - geprahlt ausgedrückt - unter aller Sau. Schaut Euch einfach die Beiträge an. Sucht nach „Packet“.
Auch viele andere Mitglieder fallen mit leichten Rechtschreibschwächen auf; Rechtschreibschwächen, die sich definitiv nicht auf Tippfehler schieben lassen. Und ich bin überzeugt, dass sich Lesen auch positiv auf die Rechtschreibung auswirkt. Bzw. beobachte ich - im Freundes- und Verwandtenkreis - auch, dass viele, die eher wenig lesen, deutliche Rechtschreib-Schwächen haben. Auch am Schreibstil erkennt man oft, ob jemand viel liest und was jemand liest. So lässt ein durchgängiger Schreibstil schon auf eine „Leseratte“ schließen, während viele, die nicht viel lesen, keine klare Linie in ihren Beiträgen aufweisen.
Aus diesen Gründen habe ich das Gefühl (steht für „meine Meinung“, „persönliches Empfinden“, „persönlicher Eindruck“ - gebildet in zehn Jahren Foren-Aktivität), dass viele nicht wirklich viel lesen.
Wie gesagt: dies ist mein Eindruck. Mein Empfinden. Meine Meinung. An die beiden Juristen: Ihr solltet eigentlich, schon dank Eurer Ausbildung, fähig sein, eine Meinung von einer Tatsachenbehauptung abzugrenzen und beides entsprechend einzuordnen. Im Ausgangs-Beitrag hab ich dies deutlich gemacht, als ich schrieb: „Rein vom Gefühl geh ich davon aus, dass…“. Dass ich damit weder eine allgemein-gültige, richtige These aufstellen noch für alle sprechen kann, versteht sich von selbst. Und auch ist die "These" durch die Verwendung der Formulierungen "rein vom Gefühl" und "geh ich davon aus" derart aufgeweicht, dass von Überheblichkeit eigentlich keine Rede sein kann. Es ist eine Einschätzung.
Ich hoffe, Ihr beide legt im Job etwas mehr analytisches Denken an den Tag, als Ihr es hier tut. Und ich frag mich so nebenbei, ob Ihr auch so geantwortet hättet, wenn ich kein Jurist wäre - sondern Barista oder Psychologe oder sonst was.
Dass ich im Job ironische bis sarkastische Bemerkungen vermeide, versteht sich selbstverständlich von selbst. Selbst wenn es mir hin und wieder schwer fällt.
Ergänzend will ich noch erwähnen: ich wurde noch nie negativ auf meine Ausbildung angesprochen. Musste mich noch nie für meine Entscheidung für die Juristerei rechtfertigen. Und zugegeben: viele sind auch verwundert, wenn ich sag, was ich bin und was ich so mach. „Hätt ich jetzt net gedacht“, hab ich nicht nur einmal gehört. Ob das nun für oder gegen mich spricht… ich lass es dahingestellt.
Fasziniert bin ich übrigens immer noch. Auch ein klein wenig irritiert. Und etwas enttäuscht. Eben weil ich von Juristen nicht nur erwarte, dass sie lesen können, sondern auch, dass sie zwischen den Zeilen lesen können und das, was in der Zeile verbunden mit dem, was zwischen den Zeilen steht, analysieren und einordnen können.
Bearbeitet von: mb100 am 13.07.2014 um 01:17:13