Zitat:
Motordrehmoment - ja.
Aber für die Leistung (was letztlich schiebt) brauch ich noch nen zweiten Faktor: Die Drehzahl. Dann wird aus der Kraft erst Leistung. Wenn ein Sportler Kraft hat, aber keiner Fuß vor den anderen setzt, wird er trotz aller Kraft die er hat nicht vorankommen.
Ein E46 M3 (360 Nm) zieht problemlos einen E60 535d (580 Nm) ab. (5,2 zu 6,4 Sek. auf 100). Auf 200 km/h beschleunigt der M3 in gerade mal 18 Sekunden. Der 535d braucht dazu um die 25-30 Sekunden, wenn man Youtube glauben darf. Der M3 dürfte hier den deutlich stärkeren Abrieb vorweisen, obwohl er nur fast die hälfte des Drehmoments hat.
Auf die Leistung kommts an, 7.000 Umdrehungen mit 360 Nm schieben nunmal mehr als 2.500 Umdrehungen mit 580 Nm.
Richtig ist, daß der 535d seine Kraft in einem kleinen Drehzahlbereich hat und der M3 deutlich weiter ausgedreht werden muss. Aber er hat nicht "mehr" davon. Das ist interessant für die Leute die auf den Verbrauch achten, die einfach nicht gerne hochdrehen oder einen Kompromiss aus beidem suchen. Das sind persönliche Vorlieben, Diskussion überflüssig.
Aber wenn es rein um die Leistung geht und der Verbrauch egal ist, sieht der 535d kein Land mehr, wenn der M3 zurückschaltet.
(Zitat von: Stefan177)
Du liegst im Kern richtig, ich möchte das vielleicht ein wenig anders beschreiben.
Ich nehme das immer das Beispiel der zwei Kräne:
Der einen hebt 500kg und zieht diese in 5 Sekunden auf 20 m Höhe.
Der andere hebt eine Tonne und zieht diese in zehn Sekunden auf 20m Höhe.
Läst man mal das herunterlassen des Kranhakens weg, haben beide die gleiche Leistung - beide heben 1t in zehn Sekunden nach oben. Der eine in zwei, der andere in einem Hub. Obwohl also beide Kräne die gleiche Leistung haben, hat einer der beiden mehr Kraft. Kommt ein einzelnes Gewicht mit 1t, kapituliert einer der beiden, weil er es nicht schafft.
So ist das mit Benziner und Diesel. Der Benzinmotor erreicht seine Leistung durch Drehzahl, der Diesel durch Kraft, eben das Drehmoment. Wenn aber beide Fahrzeuge gleich schnell fahren, muss der Diesel länger übersetzt werden und damit relativiert sich das Drehmoment.
Wenn aber zwei Motoren - ein Diesel und ein Benziner - die gleiche Leistung haben, ist das sogenannte Leistungsintegral über das Drehzahlband beim Diesel höher. Die angegebene Motorleistung gilt nur bei Volllast und bei Nenndrehzahl - wie aber sieht es darunter aus.
Nicht die Spitzenleistung entscheidet, sondern der Weg dorthin.
Machen wir einen Abgleich. Abgleich bedeutet, dass man - um zwei Motoren vergleichen zu können - die Übersetzung herausrechnen muss. Die erreicht man, in dem man den Abgleichsfaktor berechnet, als der Faktor, um den der Diesel länger übersetzt sein muss - bei gleicher Leistung. Man rechnet als z.B. den Diesel so um, als würde er seine Nenndrehzahl bei der eines Benziners erreichen.
Motor 1 ist der aktuelle 535i - bei 5800 Umdrehungen leistet er 225kw, sein maximales Drehmoment liegt bei 400Nm ab 1200 Umdrehungen - von dem sind bei maximaler Leistung damit noch 370Nm übrig
Motor 2 ist der aktuelle 535d - bei 4400 Umdrehungen leistet er 230kw, sein maximales Drehmoment liegt bei 630Nm ab 1500 Umdrehungen - von dem sind bei maximaler Leistung damit noch 500Nm übrig.
Ablgeichfaktor: 5800 / 4400 = 1.31
Abgleich des 535d auf den 535i:
Motor 2 ist der abgeglichene 535d - bei 5800 (!) Umdrehungen leistet er 230kw, sein maximales Drehmoment liegt dann bei 480Nm ab 1960 Umdrehungen - von dem sind bei maximaler Leistung damit noch 381Nm übrig.
Und hier zeigt es sich: Bei Nenndrehzahl hat der Diesel selbst bereinigt mehr Drehmoment - muss ja, weil er auch 5kw mehr leistet.
Viel größer ist aber der Unterschied untenrum. Zwar steht das maximale Drehmoment bereinigt erst bei rund 2000 Umdrehungen an, dieses liegt aber dann um satte 80Nm über dem des 535i - und deshalb nimmt der fast leistungsgleiche 535d dem 535i im Sprint noch einmal rund 0,3 Sekunden ab, was in diesen Regionen (die 5 davor, also 5,8 gegen 5,5 Sekunden) eine Ewigkeit ist.
Bereits bei umgerechneten 2000 Umdrehungen leistet der 535d 100kw (136 Ps), während der 535i erst bei 83kw (113Ps) ist. Nicht umgerechnet sind es 132kw (180 Ps) - der 535d hat als bei 2000 Umdrehungen fast die gleiche Leistung wie ein 520d maximal.
Fahren also beide im Höchstgeschwindigkeitsgang (der Gang, bei dem Nenndrehzahl und max. Geschwindigkeit zusammenfallen) mit sagen wir 100km/h und geben beide Vollgas, hat der 535d rund 16% mehr Kraft zur Verfügung.
Die vereinfachten Umrechnungsformeln sind:
Leistung = Drehmoment * Drehzahl / 9550
Drehmoment = Leistung * 9550 / Drehzahl
Einheiten sind kw und Nm!
Wenn der Motor des 535d 230kw bei 4400 Umdrehungen leistet, dann hat er dabei rund 500Nm Drehmoment. Er verliert als nach dem Maximalen Drehmoment zur Nenndrehzahl hin 26% seines Drehmomentes - ein für einen Diesel völlig normaler Wert. Dieser Bereich wird "elastischer Bereich" genannt, weil unter Last in diesem Bereich eine abfallende Drehzahl zu einem Drehmomentanstieg führt. Dieser Effekt ist bei Nutzfahrzeugen erwünscht - Traktoren haben bis zu 60% Drehmomentanstieg - und ist ein Maßstab für das Durchhaltevermögen unter Last.
Wenn aber der Diesel soviel Drehmoment aufbaut, wenn die Drehzahl in diesem Bereich fällt, dann bedeutet es im Umkehrschluss, das er beim Ausdrehen viel Kraft verliert. Deswegen ist es ein Fehler beim Ampelrennen den Diesel ausdrehen zu lassen. Das sind dann diejenigen Fahrer, die versuchen einen Diesel wie einen Benziner zu fahren.
Es macht beim Diesel mehr Sinn auf die letzten kw um die Nenndrehzahl herum zu verzichten und stattdessen das Mittelfeld besser zu nutzen. Ganz große Spezialisten (dazu zählt auch die Automatik, weshalb manuell geschaltet wird) lassen einen Diesel bis an den Drehzahlbegrenzer ausdrehen und vergessen dabei, das nach der Nenndrehzahl die Leistung und vor allem das Drehmoment geradezu abstürzt. Um zu gewinnen, muss die Durchschnittsleistung größer sein, nicht die Maximalleistung.
Deswegen wird für die maximale Beschleunigung ein 535d nicht bei 4400, sondern bereits bei 3800-4000 Umdrehungen geschaltet. Er hat dort etwa 560Nm - das sind 222kw - anders ausgedrückt - auf den letzten 600 Umdrehungen gewinnt der 535d gerade einmal 8kw. Verzichte auf diese 8 kw, schalte bei 3800-4000 hoch und komme damit in ein höheres Drehmoment im Folgegang.
Gehen wir von eine nomnalen Spreizung des Ganges von 25% aus.
Fahrer A läst Ausdrehen bis an den Begrenzer, er fällt von 5000 auf 4000 Umdrehungen zurück. Bei 4000 Umdrehungen stehen rund 224kw zur Verfügung. Bei 5000 Umdrehungen sind es nur noch 192 kw. Er beschleunigt im Schnitt mit 208kw
Fahrer B schaltet bei 4000, er fällt von 4000 auf 3200 Umdrehungen zurück. Bei 3200 Umdrehungen sind rund 610Nm Verfügbar, was 204kw entspricht.
Nach dem Zurückschalten stehen dem zweiten Fahrer also 12kw im Folgegang mehr zur Verfügung. Seine Leistung steigt über den Gang nur an, während beim ersten Fahrer nach Überschreiten der 4400 Umdrehungen die Leistung massiv einbricht.
Wer also mit einem 535d ein Rennen gegen einen 535i verliert, der sollte an seiner Fahrtechnik arbeiten. Das liegt dann aber nicht am Motor, sondern am Fahrer ;-)
Ich habe hier im Beispiel deshalb den 535d genommen, weil er das ideale Gegenstück in Form des 535i hat, der ebenfalls aufgeladen ist.
In der Vergangenheit sah es anders aus, in Zukunft mag es anders aussehen, aber im Moment liegen die Leistungsintegrale von aufgeladenen Dieselmotoren sogar noch über denen aufgeladener Benziner. Diese Leistungsintegral ist im mittleren Bereich um soviel höher, so dass er den Drehmomentverlust am Ende des Drehzahlbandes gut verschmerzen kann.
Wer mehr über das Thema wissen möchte, soll mir ne PN zukommen lassen.
Tschuldigung...mal wieder zu weit ausgeholt...;-)