Ich hab kein Interesse zu gewinnen mit einer Sekunde Vorsprung.
Es gibt ja Leute die sagen: "Das war ein richtig harter Fight, ich hab mit
einer Sekunde gewonnen!"
ICH will mit 10min gewinnen. Das freut mich viel mehr! (Walter Röhrl)
Und hier noch ein Auszug aus einer wirklich unglaublichen Geschichte, lesen lohnt!!
Schon im Auto flucht er vor sich hin über diesen Idioten, der drei Minuten zurückliegt und immer noch angreifen will, der in ihm, dem Bayern, nicht einen Teamkollegen sieht, sondern einen Feind. Die Wut steigt weiter. Aber Walter gefällt, was er im Licht der Scheinwerfer sieht. Leichte Nebelschwaden. Und er weiß: Je weiter es hinauf geht, umso dichter der Nebel. Am Start zur Prüfung zieht er die Handschuhe noch mal fester als sonst: „Geistdörfer, schnoall di oa!“ Die Stimme tiefer als sonst, in der Tonlage nach hinten abfallend, wie bei ernsten Drohungen. Kein Zweifel: Walter hat die finnischen Faxe richtig dicke, ist auf 180. Und nach tiefem Durchatmen: „Jetzt goat’s dahie, dass die Fetz’n fliag’n.“ Augen zu und durch – im wahrsten Sinn des Wortes. Nach zwei Kilometern nur noch eine einzige dicke Nebel-Suppe. Walter’s Welt. Sichtweite keine fünf Meter. Haben wir ja auch schon erlebt, wenn der Nebel das Licht derart reflektiert, dass die Halogenlampen mehr stören als helfen.
Durch die Windschutzscheibe signalisieren drei Finger: noch drei Sekunden – der Motor schreit sich nach oben – zwei – eine – der 131 verschwindet heulend in der schwarzen Nacht. Das Hochschalten, runterschalten, beschleunigen wird bald übertönt von Markku, der seinen Motor am Start zum Weinkrampf bringt, als würden sich die Drehzahlen überschlagen. Wenn Markku wüsste, was sich gerade weitere vorne abspielt ... dass seine „maximum attack“ verpufft wie eine Knallerbse.
„,80 Meter mittel rechts“, betet Christian Geistdörfer vor, Röhrl macht die Augen zu, zählt „eins-zwei-drei-vier“ und lenkt rechts ein. So geht das die restlichen 38 Nebel-Kilometer. „Ein neues System“, grinst Walter am Service zur fast unglaublichen Story des mittlerweile legendären Nebel-Ritts. Und diese Geschichte muss er später den staunenden offenen Mündern, die unten in Cascais wie die Ameisen auf ihn zurannten, noch hundert Mal erzählen. „Das hab’ ich im Training schon mit Christian geübt. So bin ich die ganze Prüfung gefahren. Dass es geht, siehst’ ja.“ Verständnisloses Nicken, ungläubiges Staunen. Erst nach einer Weile dämmert den Umstehenden: Der Kerl ist ja tatsächlich mit geschlossenen Augen gefahren! Das hatte Walter auch schon ohne Auto geübt: In der letzten große Pause vor Arganil fuhr er im Hotelbett die Prüfung mit geschlossenen Augen und der Stoppuhr in der Hand ab. „Da bin ich 35.50 gefahren.“
Zurück zum Fiat-Service nach Arganil, eine halbe Stunde vor Mitternacht. Illka Kivimäki kommt zu Christian Geistdörfer: „Was war eure Zeit?“ Geistdörfer: „35.14.“ Ungläubig fragt „Kiki“ zurück: „W-A-S?“ Geistdörfer wiederholt: „35.14.“ Kreidebleich schleicht er sich, Christian ruft grade noch nach: „Und ihr?“ Ohne sich umzudrehen kommt ein kleinlautes „39.54.“ Vier Minuten und 40 Sekunden – Walter grinst nur spitzbübisch. „Wenn mir einer in so einer Prüfung fast fünf Minuten abnehmen würde, ich glaub’ ich würd’ mich umbringen.“ Und fügt ganz nebenbei an: „Es wär’ noch schneller gegangen.“ Übrigens: Selbst Björn Waldegaard im Mercedes war noch fast eine Minute schneller als Alen.
Zur selben Zeit im Pressebüro im südlichen Cascais, wo die Zeiten per Telefon oder über Funk ankommen: Röhrl wird notiert, Minuten später scheint Alen auf. Plötzlich werden beide wieder gelöscht. Verantwortliche wie Journalisten sind ratlos. „Ein Übermittlungsfehler“, heißt es. „Wir warten auf die richtigen Zeiten.“ Selbst eine Stunde später ist das Rätsel fernab der Rallye nicht gelöst. Die unten gebliebenen Journalisten ahnen nicht, welche historische Geschichte ihnen durch die Feder geronnen ist.
Arganil stand in der gleichen Nacht noch einmal auf dem Programm: Zweieinhalb Stunden nach dem famosen Nebelritt bewies Walter, dass es tatsächlich noch schneller ging: 33.13 Minuten (gnädigerweise nur zweieinhalb Minuten schneller als Markku) – ein Schnitt von 75,87 km/h (im ersten Durchgang 71,52 km/h). Die Fans träumten in jener Nacht vom Nebel über Portugal, sahen in die Ferne und hörten, wie einer über die Gebirgskämme von Arganil röhrt, als sei es der heilige Rallye-Geist, der auf einem Schimmel die Nebelschwaden durchschneidet und die bösen Buben gnadenlos straft.
Auf den restlichen 14 Sonderprüfungen gab Markku Alen Ruhe. Arganil war sein k.o. Nur zwei Mal noch (auf der Sintra-Schleife) signalisierte er mit Bestzeiten ein „Ich bin noch da“ , aber auch nur, weil es Röhrl locker angehen ließ. Zwölf Bestzeiten wurden noch für Walter notiert, zwei Mal war Ove Andersson (Toyota Celica) vorne.
„Ich bin nur so schnell gefahren, dass ich keinen von den Verrückten verletze“, sagte Walter über die Nacht von Sintra und prophezeite: „Die Fans werden noch der Tod dieser Rallye sein.“ Wie recht er hatte. Sechs Jahre später gab es Tote und Verletzte, die glorreiche Zeit der Rallye-WM war beendet.
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